Rübezahl läst sein Pferd halten.

[159] Ein Bote von Liebenthal erzehlete mir unter andern Schnadrigaken / daß seinem Vater warhafftig wiederfahren sey / wie er über das Gebürge gereiset / daß allda zu ihm in vollen Sporenstreiche der Rübezahl in eines Monsieurs Gestalt geritten kömmen / abgestiegen / und dem Reisenden befohlen habe das Pferd zuhalten; da er mit ernsthafftiger Stimme gesaget: halte mir das Pferd / auff die Prætoriam vocem hat jener flugs fuß gehalten / und dem Befehl gemäß gelebet /und das Pferd beym Ziegel gefasset; Drüber ist der unerkandte Rübezahl davon marchieret /[159] und / ich weis nicht wohin kommen. Mitlerweile hält auff einer Stelle der ertappte Reuterknecht das anvertraute Roß ohn Unterlaß / und bemühet sich trefflich es zubehalten; sintemal es durch zwo gantze Seiger-stunden immer gekratzet und mit den Füssen gestampet / also / daß dem Hüter schier bange dabey geworden / und seinem Leib keinem Rath gewust / wie es enden / oder weiter angreiffen solte; Sintemahl ihm seines eigenen parts von nöthen gewesen / auff dem Wege fortzugehen / und den Lauff zu vollbringen; Auff der andern Seite ist ihm der ernste Befehl auch immer im Kopffe gelegen gewesen / da der Cavallier ihm feste eingebunden gehabt / das Pferd zu verwahren; Darbey er denn auch endlich auff die Gedancken gerathen ist /daß es ihm vielleicht übel ergehen möchte / wenn er das Gaul verwarlosete / und nicht wieder überantwortete; leichtlich gedenckende: es möchte ein Rencke darhinter stecken.[160] Wie der Hüter mit diesen und dergleichen Gedancken sich also ängstet / siehe da kömpt der Rübezahlische Caballier / oder Cabballierische Rübezahl gleich her gegangen / sagende: Siehe / heist du noch da: Drauff jener geantwortet Ja / Herr /ich durffte ja nicht eher weggehen / als ihr wieder kamet. Hierauff hat der Rübezahl den geworffnen Pferdemist auffgeraffet / und in des gehorsamenden Schiebesack geschüttet / und solches zwar an etlichen Händen voll / sprechende: Halt auff / halt auff / nimm hin / und gehe flugs deiner Wege! Wer war hier froher gewesen / als der nunmehr erlösete / und mit Dreck abgelohnete Pferde-Knecht? Er hat seinen Kopff zwischen die Ohren / und die Füsse auff den Nacken genommen / und war rectà davon gestrichen / nicht feyrende / biß er etwa anderthalbe Meile fürder gerathen; da ihm erstlich sein Qvarck im Schiebesack verdrießlich vorgekommen; dannenhero[161] er ein wenig stille gestanden / und sich gesaubert / oder den eingesackten Dreck weggeschüttet / und hernach seines Weges förder gewandert ist; biß er zur begehrten Herberge eingekehret / da ihm abermal der besudelte Schubesack im Kopffe gelegen; dannenhero er ihn / wie vor geschehen / heraus gezogen und besehen; Und in dem schüttet er einen Ducaten hervor / drüber er von Hertzen froh wird / die angewandte Pferdes-Mühe wohl belohnet schätzet / und des vermeineten Dreckes drüber vergisset / doch darneben auch den erst ausgeschütteten vermisset; bereuende / daß er den Koth nicht mit einander behalten / damit die Ausbeute desto reiffer geworden wäre. Das heisset wiederumb aurum ex stercore. Vermeinestu aber / daß / wenn allhier der Qvarck bey einander geblieben / er zu lauterm Golde verwandelt worden wäre? Ich sage nein darzu / und vermeine / daß jener erstlich den Unflath habe müssen wegschütten /[162] aus Mitwürckung und heimliche Einlassung des tausendkünstlichen Geistes; und denn / daß zum andern der übergebliebene Ducate nothwendig habe müssen verharren / biß er vom Manne ist ansichtig geworden; Weil ihn nemlich der geschwinde und listige Geist gleichsam in der Taschen angebannet und feste mag gehalten haben. Aber woher hat denn der Rübezahl den Ducaten bekommen? Resp. gemüntzēt hat er ihn wohl selber nicht /sondern vielmehr einem andern gestohlen. Ein anders aber wäre es / wenn es ungeschlagenes Gold gewesen wäre / so möchte er es aus seiner Clausen hervor gebracht haben / als da es an verborgenen Schätzen nicht fehlet / wie aus vielen andern Geschichten erhellet; da viel Italiäner und andere Landes-Leute sich befleissigen / sich darauff zu bereichern / und gute Fünde zu thun. Wie es denn noch unlängst soll geschehen seyn / daß unterschiedliche Welschen sich der Gelegenheit gebraucht /[163] und gediegen Gold auch Edelgesteine droben ergrübelt haben / darüber sie auch endlich von den Teutschen ertappet / und nieder sind geschossen worden; Wiewohl sie die Dieberey dennoch nicht dadurch nachgelassen / sondern einen Schelm über den andern / (nach dem Sprichworte /) haben kommen lassen: Das ist / sie haben ihnen teutsche Bärte lassen wachsen / und sind hernachmals /vermöge derselben frey ausgegangen und unangefochten blieben. Hieher gehöret auch folgendes Privilegium, welches ich allhier von einem sonderlichen Gönner zu borgen bekommen / und allhier / zum weiteren nachsinnen / mit Fleiß habe setzten wollen. Es verhält sich aber solches folgender massen:

Wir Hans Ulrich Schaffgotsch von Kinast und Greiffenberg / Freyherr zu Trachenberg / fügen hiermit männiglichen denen dis Schreiben möchte zuhanden kommen zuvernehmen / was massen wir Herrn Hans Zimmermann /[164] Bürgern und vornehmen Chymisten Medico in Leipzig / auff sein demüthiges und bittliches ersuchen / ein Privilegium gegeben / und in Gnaden concediret haben / in unsern Herrschafften und Landen / bevorab aber auff dem Riesenberge und der Isterwiese allerhand köstliche Sachen / als Edelgestein und Perlen auff seine Unkosten zu suchen /haben auch hierüber ihm gnädiglich verheissen / daß wir ihm zu Vollführung dieser Sachen nicht allein mit unsern Unterthanen iederzeit für bösen Buben zu schützen / unn das Haupt zuhalten / sondern auch /wo sich einer an ihm oder den seinigen freventlicher weise vergreiffen würde / denselben ernstlich und nach Befindung der Ubelthat an Leib und Leben zu straffen. Es haben wir uns auch vorbehalten / daß gedachter Herr Zimmermann uns als dem Grunds-Herrn den Zehenden alles was er überkommen möchte zuentrichten schuldig seyn soll.[165]

Dieweil aber wir uns haben errinnert / daß andere boßhafftige Leute gedachten Herrn Zimmermann ungeachtet dieses stattlichen Privilegii in diesen Sachen möchten schädlichen oder verhinderlich seyn; Als wollen wir / daß die jenigen / so wider diß unsere Erlaubnüß und Privilegium handeln und committiren werden / ohne andere Straffe den halben Theil uns als dem Grundsherrn / das übrige aber gedachtem Herrn Zimmermann einzulieffern. Solches zu mehrer Urkund und Vorgewisserung / haben wir dis mit eigener Hand unterschrieben. Welches also geschehen in Leipzig den 26. Decembris Anno 1613.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 159-166.
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