Rübezahl macht einer Magd einen Ziegenbart.

[193] Vor wenig Jahren hat eine Magd hart am Berge gegraset / so etwan aus dem nechsten Dorffe gewesen; In deme sie auff der Wiese ihres Thuns abwartet / und das Graß herunter sichelt / so singet sie darzwischen allerhand possierliche Liederlichen vom Rübezahl /(ey / ey / wer dieselben auch hätte / der könte hören wie sie klingen. Nim du aber dieses hieraus / daß die Sache vom Rübezahl in Schlesien so gemein sey / daß man Sprichwörter und Reime davon macht / etc.) In dem nun also diese Magd in dergleichen Andacht begriffen / siehe da kömpt der Rübezahl in eines Bauren Gestalt zu sie / fraget / ob sie vom Rübezahl nichts gehöret hätte? Und ob sie ihn gerne sehen möchte? Er wolte ihr ihn gleich zeigen? drauff soll[193] die Magd gesprochen haben / Nein: Ich begehre ihn nicht zu sehen / wer weiß was er mir zum Schabernacke thun möchte. Und indem greifft der Rübezahl ihr an den Kinn /und gehet davon. Wie nach diesem die Magd mit ihrer Hucken Graß in das Dorff gegangen / da lachen sie alle Leute aus / und fragen wo sie zum Ziegenbart gekommen were? Die verhöhnete Magd greifft ihren Kinn in die Qver und in die Länge an und bespiegelt sich bald unten bald oben / theils in ihrem dreyhellers Spiegel / den ihr der Knecht vergangene Messe gekauffet hatte / und find kein Arschhar vom Barte an ihre Schnautze / wie lange sie auch damit zukehre gehet / denselben / da sie mit verwirret worden / selber zu schauen. Immittelst bliebe es dennoch aber dabey / daß sie alle Bauerhachen Clauß und Hans /etc. auffzogen / daß sie einen stopfflichten Ziegenbart hätte; Nemlich sie hatte eigentlich solchen Bart umb ihre Gosche[194] vermercket / nach dem sie der Rübezahl auff der Wiese gezeichnet / und an das Kinn gegriffen hatte: Da sie denn auch ihr Lebelang sich also hat mir dem gemachten Bart schleppen müssen / ungeachtet /daß sie nichts davon gewust hat. Sehet / also hat mancher was / und weis selber nichts drüm. Viele haben Hahnreyns Hürner / und haben sie ihr Lebenlang nicht begrabbelt. Viele haben Schwäger / und haben sie niemaln also geheissen / noch dafür erkandt. Also hat auch diese Magd ihren flußhafftigen Ziegenbart /ob sie es schon selber nicht glauben nicht mercken kunte. Sie gieng damit zu Bette / sie stand damit auff. Sie melckete damit (mit der Hand meine ich / doch mit einem Ziegenbarte außgestaffiret /) die Böcke /die Kühe wolt ich sagen. Sie gieng damit / (mit ihren Pfoten meine ich / doch war der Ziegenbart nicht über drey und sechs Spann davon /) zu marckte. Sie gieng damit zum Tantze / und sprang bald[195] Viertel bald Ellen hoch damit herumb / und ob sie ihn schon nicht striche / und betappete / so kriegten sie die Knechte dennoch dabey / und trieben ihr Gelächter mit sie /biß sie endlich gar zur Närrin ward. Lasset mir das einen Barbatam venerem seyn / und erbare Jungfer. Das beste isr hierbey / daß sie ihn nicht durffte putzen lassen / und ein übriges geld auff ein Schermesser wenden. Er nam nicht ab und zu / sondern blieb allzeit in einer grösse / wie denn der Ziegenbock auch dieses Vortheil selber hat / daß er dem Balbier nicht viel Pfennige über seine Lorbeeren / zum Haarscheeren wenden darff. Er stutzet Jahr aus Jahr ein / nach wie vor mit seinem stopfflichten Barte / und schantzigen Nesenreisern / und bleibet stetig an seinem Beutel verschonet / daß er denselben zum Geldgeben nicht auffziehen darff / es sey denn / daß dieser Vir gregis, ipse caper, seiner Stallfrauen der Mutter-Ziegen eine Lust wachen[196] wolle / und Spieleute dingen / daß sie hüpffe und frölich sey / und über etliche Monat ein paar junge Zickligen bekomme / da muß der Beutel herhalten / und sich lösen lassen. Doch gnug vonn dieser Bart-Ilse / ich begehre nicht ein Haar weiter von sie / sondern will ihren Ziegebart hinführo ungeschoren lassen. Doch gnug.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 193-197.
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