Rübezahl setzet einem eine lange Nase an.

[204] Im nechsten Dorffe am Gebürge soll vor diesem ein Bauerhache / oder Pferdelümmel vielmahl auff den Rübezahl geschmelet haben; daß er ihn einmahl verführet / und auff den Irrweg gebracht gehabt. Uber dieses Gefluche soll auff eine Zeit der ungedultige Geist zumasse gekommen seyn / und von unbescheidenen Rülpsen gefraget haben / ob er denn sein Lebelang nicht mehr zu Rübezahlen zu kommen gedächte: Als er sich vielleicht noch weiter rechnen würde; dieweil er auff ihn so stänkerte unn lasterte? Drauff sol der Ochse gesaget haben: was schier ich mich umb den Rübezahl? Er soll warten / ehe er mich wieder habhafft werde / oder[204] ich zu ihm nahe. Drauff hat der Rübezahl zur Antwort gegeben: Wie / wenn er denn einmahl zu dir käme / und deinen Lohn mit brächte? Und hiemit hat er ihn / (den Knecht /) an sein Dampff-Horn oder des Kopffs Feuermäuer gegriffen und wacker gezerret; biß er einen hübschen grossen Näsenpöpel / einer halben Ellen lang / heraus gebrocket; und den Flegel damit / umb seine Brot-Futze geschmieret gehabt; und endlich hiemit verschwunden. Dem Knechte aber soll hernach allezeit gedauchtet haben / daß er wahrhafftig so eine lange Nase hätte /daß er drüber fallen möchte / wenn er sie nicht auffhübe: Und soll derentwegen allerhand lächerliche Lufftgriffe begonnen haben / die Nase von der Erden hinnauff zu zerren / daß er fein auffgericht dafür gehen möchte. Ja er soll aus dieser Ursachen einen langen Strick umb den Hals getragen haben / damit der Nasenkönig seinen Rüssel drinnen befestigte /oder hinein gienge; wie[205] einer der zu Ader gelassen hat / hat seinen Arm manchmal in eine Binde zu tragen pfleget / damit er ihn nicht verletze. Und auff diesen Schlag soll der Nasica oder Nasulus auch sein Dampffhorn in acht genommen haben. Er soll aus dieser Einbildung keinen Menschen zu nahe gekommen seyn / sondern auffs wenigste ein Schritt oder viere sich von einen iedweden entfernet gehalten haben /damit er ja keinen offendirete oder mit der Nase durchborete. Weiter soll er auch wunderliche gesticulationes gehabt haben / wenn er eine Thür hat wollen auffmachen / da soll er alleine erstlich rücklings hinangeschlichen seyn / und also auffgeklincket haben /hernach soll er wiederumb vor sich zurücke gegangen seyn / auff ein Schritt oder zehen / hernach drauff herumb geedrehet / und also in einer sonderlichen Grandetze zur Thür hinein gewandert fryn. Noch ferner soll es viel schnackischer gestanden seyn / wenn er für[206] sich von der Erden hae wollen was auffheben / da soll er mit seinen Halßstricke die vermeinete lange Nase etwas auff eine Seite bügen wollen / und also mit verwandten Gesichte hinunter langen. Und was für abentheuerliche Stellungen / und kauderwelsche Geberdungen mehr mögen vorgefallen seyn. Da dieses auch noch hinzubringen ist / daß / wenn er eine Lutze hat hertzen wollen / er seine eingebildete Nase erstlich /ich weis nicht wie hoch in der Lufft / mit dem Stricke erhoben / und hernach auff einer Seiten hingeschlichen / und Witz einen Schmetterling von der Klunte genommen. Er soll auch immer wie ein geborgeter Spieß / und Flegel ohne Gelencke gerade gegangen seyn / oder sich mehr hinterwerts wie die Störche wenn sie klappern wollen / als vorwerts gebücket haben / damit er ja die Nase nicht versehrete / oder einen beschrüffelt. Wenn er in der Ernde das Korn vom Felde / oder das Graß von der Wiesen[207] hat meynen sollen / so hat ihn seyn Herr gar schwerlich darzu bringen können. Ist aber die Schererey endlich angegangen / und er über das Korn / wie die Katze über die Maus / gerathen / so hat er seinen bedünckten Nasenbalcken mit dem Halsbande trefflich hoch gleichsam hinauff gezogen: Damit er so nicht ein Stücke herunter sebelte. Endlich soll ihm ein anders eingefallen seyn seine Nase besser zu Handhaben / und soll sie / weil sie ihm weich vorgekommen / gantz krumm wie ein Ziegenhorn / oder Spira gedrehet und also mit einer Schnur zusammen umb den Ropff gebunden haben / damit sie ja nicht aus dem Geschicke fiele. Hat er aber sich schneutzen wollen / so hat er sie wiederum auffgelöset und nach der Länge / wie ein Wesebaum wegspringen lassen: Hernach hat er die eine Faust ein paar Spannen vom Maule / die ander aber ein Spannen oder sechse in die Lufft von sich gehalten / und die Nase / nach[208] seinen Wahn / gefasset / und dichte drauf geschnodert. Aber gnug von diesen naseweisen Knollen / welche ich allhie zum ersten Aprill will verschicket haben: Es hüte sich aber ein ieder /daß er sich nicht an ihn stosse / das Nasenbein verletzet / und den armen Kerl gar zum Tellerlecker mache.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 204-209.
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