Rübezahl stellet sich wie er kranck were.

[106] Eben der vorgedachte Bote / (denn an solchen Kerln muß ich mich allhier als ein heutiger Historicus halten /) referirete mir / wie ein Wund-artzt des bewusten Ortes gereiset / und einen krancken Menschen unterwegens angetroffen hette / welcher ihn erbärmlicher[106] weise nach Hülffe hatte angeschryen / und seine unpäßlichkeit weinend geklaget gehabt. Hierüber hat sich der Medicus erbarmet / ist zum Patienten hingelauffen / und hat ihm etliche mit sich genommene Remedia überreichet / die der kranckgestellete Rübezahl auff- und angenommen / und zu allen Danck erkandt hat. Damit er aber dem Artzte auch seine Wolgewogenheit würcklich entdeckete / so hat er sich gestellt /als wolte er wol von Hertzen gern für die erzeigete Gutthat sich danckbarlich erzeigen / aber es fehle ihm leider das Vermögen: Doch dennoch aber / damit er so viel verehrete / als er hette / so wolte er ihme hiemit ein gefunden Messer und Gabel geben / so er vor diesem irgendswo auff dem Wege angetroffen. Dieses hat der Medicus zu sich genommen / und / damit er ihn nicht verschmehete / freundlich acceptirte / und davon gewandert; biß er endlich zum Wirthshauß gerathen / da er eingekehret / offen[107] begehret / und in lachendem Muthe hierzu sein verehrtes Messer heraus gezogen: welches ietzund nicht mehr Stahl und am Handgriffe beinern gewesen / sondern gantz Gülden und mit Edelgesteinen besetzt ist angetroffen worden. Sehet solches culter muß ein cultor Medicinæ haben /wenn er es mit seinen Patienten machet / daß es zu leiden ist / oder solcher vielmehr nichts leiden darff.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 106-108.
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