Rübezahl ist ein wunderlicher Spielmann.

[186] Ein Fuhrknecht aus Schlesien erzehlete[186] mir vor einem Viertel Jahre / daß er auch einmahl über das Gebürge gereiset were / da er hinter sich eine liebliche Musicanten-Stimme gehöret / darnach er sich umbgesehen gehabt: Er were aber bald gewahr worden einen Harffenisten / deme die Bauren und allerhand Steine hüpffend nachgefolget / welcher eine Weile angesehen /und drüber bestürtzend in seinem Wege fort geeilet habe. Wenn er aber auffs neue aus Vorwitz sich noch einmal umbgeschauet / so habe er etliche Pfeiffende /und auff der Schalmey blasende Satyros erblicket / für welchen greulichen Gayß-Männern er gleichsfalls förder getrabet: Biß ihm noch einmahl die Lust / Rücklings umbzusehen / angekommen / da er unterschiedliche Geygende Nymphen hinder sich were gewahr worden / die gleichsam auff ihn zugeeilet / und mit dem Kopffe gewincket hetten: darüber er abermal einen Schuß gethan / den Kopff zwischen die Ohren genommen / und die Füsse auff den Nacken / und[187] immer trabends davon gesprungen: Biß er auffs neue andere Beliebung / theils aus Furcht / theils aus Furiosität bekommen / sich noch ferner umbzusehen / da er ein hauffen Bachanten mit Sack-Pfeiffen gesehen /welche unerhört mit ihren Hörnern zusammen gestutzet / und ihn noch mehr gegrauet / ferner zuzusehen /und auffs neue eine Hitze zu eilen erlanget habe / daß ihm auch der Schweiß über solchem Rennen über den gantzen Leib gelauffen: Doch hätte er es noch immer nicht können angeben / sich Rücklings umbzuschauen / da er eine Menge Eseltreiber mit Krump-Hörnern vermercket / die alle spornstreichs zu ihm zugerennet: Drüber nochmahln gezwungen worden / Reiß aus zunehmen / und / wie ihme der Kopff brennete / davon zu hüpffen. Aber dennoch hat sein lüsterens Gemüthe es nicht mögen geschehen / daß er für sich seines Weges fortgegangen were / sondern ist abermahl stehen geblieben / und hat sich nach dem Spielwunder oder Syrene,[188] umbgesehen / wie die Kuhe nach dem neuen Thore / da er denn eine grosse Anzahl Brummer gesehen / drauff Instrumenten, und Clavcordia gelegen / darbey gruntzende Sauen gesessen / bey etlichen auch mauende Katzen: Welche in die wette eine gräßliche Harmoni gezimmert und geklimpert / daß dem Fuhrmann die Ohren davon gegellet haben. Ja er gedachte auch / daß er unter diesem Troppe ein grosses Rück-Positiv were ansichtig worden / darauff nach der Reihe lauter Tachhasen oder Katzianer gesessen / erstlich alte / und hernach immer kleinere /ihre Schwäntze hat sie an stat der Clavir gebrauchen lassen / ihren Mauseköpffichten Hals aber an stat der Seithen oder Pfeiffen: An solchen Schwäntzen hette ein Küster moduliret, und solmesiret, unn eine greuliche Music zuwege gebracht / daß er / der Fuhrmann /schier erstarret were / und hievon alleine Anlaß genommen hatte / sein Festina lentè zu peitschen / und auffs neue sein Hasen-Pannier aufzuwerffen /[189] biß er eine Ecke förder gerathen / da ihn abermahl die Lust /wie den Bauren das Aderlassen / angetreten / daß er noch förder sich umbgewand: Da sol eine Compagni Qvacksalber mit Stroh-Fiedeln anmarschirend gesehen haben / die unerhört drauff zu ihm loß gespielet /daß er nicht anders vermeynet / sie würden ietzt gleich kommen / und Trinckgeld von ihm fordern: Derentwegen er denn abermahl auff Stützen seines Leibes fortgeschraubet / und wie ein Ochse von der Schlacht-Banck unauffhörlich davon gelauffen: Wer ihn sehen wil / der mag ihm nachlauffen.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 186-190.
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