Rübezahl wird ein Karten-Krämer.

[193] Ein Dopler sol vor Jahren im Zweiffelmuthe auffs Gebürge gangen seyn; verhoffende es werde sich Rübezahl gegen ihn / freygebig erzeigen: Wie es denn auch geschehen / daß er ihme begegnet / ihn einen Kammerrathen genandt / und mit einer Karten begabet hat. Doch sol der Geist bey solcher Verehrung dieses ausgedungen haben; daß der Dopler alle Bletter wohl auffheben müste / und keines darvon verlieren: Sintemahl es alsdenn geschehen würde / daß er ein treffliches Auffnehmen und Glück haben solte. Noch weiter müste er auch solche Karte nicht einmahl wegwerffen / wenn sie gleich alt geworden und abgenützet were: Sondern solte Blat für Blat nehmen / und eintzeln beym Taback sauffen ans Licht anzünden / verbrennen / und die Pfeiffe[193] damit anstecken. Was geschiehet? Der Spieler nimbt allen guten Rath fleissig in acht / und gewinnet anfänglich viel Geld damit: Biß sie nach Verlauff der Zeit beschmutzt worden: Daß er sich geschemt / ferner damit zu doppeln / oder sie einen ehrlichen Menschen für die Nase zu legen: Derentwegen hat er auch den letztern Bericht beobachtet / und bey seinen Taback schmauchen / die Pfeiffen mit den Blättern angefangen anzuzünden; dabey sich dieses zugetragen / daß aus den Pappier allemal viel Dropffen geschmoltzenes Gold gefallen; welches er /wie er klüger geworden / in einem Gefässe mit Wasser auffgefangen und beygeleget hät. Doch ist auch hierbey nicht zu verschweigen / daß gedachter semper lustiger und nunqvam trauriger Kautz / nur alsdenn aus den Blättern Gold distilliret, wenn er die Karten verbrant / unn bey der Pfeiffen genützet hat: Sonsten hat es ihme nicht wollen angehen; indeme er es versuchet / etliche Blätter besondern gepulvert /[194] und nur Bley herausgebracht hat. Über das gedachte distillier-Werck / und Goldmacherey; hat es der Kerl gekartet / daß er einen Scheffel voll Ducaten sol erworben haben: Dafür er im Kriege trefflich gestiegen /und endlich gar ein Rumormeister oder Hurenwebel war geworden.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 193-195.
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