Rübezahl zeichnet einen [113] Pamphilum.

Ein Feuer-Mäuerkehrer / wie er vergangen meinen Ruß außfegete / kunte mir erzehlen: Daß er in seiner Wanderschafft in Schlesien erfahren hätte / wie einsmals ein Jungfer-Fischer und wanckelmütiger Löffel-Knecht sich zwar mit vielen redlichen Mägdgen hin und wieder verlobet / geschleppet / und in der Leute Mäuler habe bringen lassen / Aber sie alle und iede nur geäffet / bey der Nase herum geführet / auch wohl gar zu Falle gebracht / und darnach habe sitzen lassen. Dieser betrüglicher Galan wäre einsmals über das Riesengebürge gezogen / da sich unterweges eine wolgestaffirte Dame zu ihm gefunden / die lange anfänglich mit ihm geschwatzt / und endlich immer naher und naher zum Propo gekommen / biß sie ihme ihre Liebe[113] zu verstehen gegeben / darbey bittende: daß er sie nur nicht bekrigen und foppen wolte / wie er mit seinen vorigen Damen gehandelt / darum sie wohl wüste; Und wenn er sie von Hertzen meynete /(hat sie weiter fort geredet /) so solte er ihr drauf einen Kuß lieffern / und was sie für seltzame Reden mehr geführet: Dadurch sie ihn auf ihre Seite zu bringen gesonnen gewesen. Worüber aber endlich dē Venus Ritter übel gedauchtet / und Unrichtigkeit vorgekommen; Derentwegen er sich denn geweigert / und den begehrten Kuß versaget / gedenckende / daß er sein Lebetage noch kein Mägdgen betrogen hätte /wie sie erwehnete: Hierauf hat sie ihme eine Maulschell gegeben / dabey sprechende: Leug du Schelm /daß du schwartz wirst / wie er denn auch drüber nach dem alten Sprichworte schwartz geworden: darneben sie verschwunden ist / und er hernach die Schwärtze sein Lebetage nicht hat können von den Backen bringen.[114] Diese Jungfer kan nun zwar wohl der Rübezahl gewesen seyn: Aber ob solcher sich auch ausserhalb dem Gebürge anderswo auf gleichen Schlag die Löffel-Knechte zu straffen / sich in einer Jungfer verstelle / solches weiß ich eigendlich nicht zu sagen / wiewohl dergleichen Historien nicht selten seyn: In deme sich eine solche vor etwan funfftzehen Jahren hin und wider in Thüringen begeben; Da ebenmässig an vielen Orthen ein schön Weibesbild die Jungfer-Knechte gezüchtiget / gedrücket und gehertzet / daß sie drüber aus Erschrecken hernach Todes verfahren seyn. Wie denn zu Saalfeld einen Bürgers-Sohne wiederfahren /der vorher viel Mägdgen übern Stock gestossen / biß endlich dieser Jungferlicher Geist in des Kerls Abwesenheit zu seinen Eltern ins Hauß gekommen / und nach ihm gefraget: Wie aber ist berichtet worden /daß er über Feld gegangen / und da und da wäre / so hat der Teufflische Venus geantwortet:[115] Ich will ihm entgegen gehen / vielleichte begegnet er mir auf dem Wege. Wie es denn geschehen / daß sie ihn unterwegens ertappet / ihre Liebe neben einem schönen Sträußlein præsentiret / und darbey erinnert hat / er soll doch dieses Geschencke annehmen / sie lieb haben aber nicht auff solche Art betriegen / wie er mit den andern Liebsten gethan. Darauff jener etwas bestürtzet geantwortet / und sich dißmal loß geredet hat / sprechende: Wie soll ich euch nehmen / weiß ich doch nicht von euch / wer ihr seyd und woher ihr seyd? Drauff sie von ihm geschieden. Biß nach etlichen Tagen / da sie in sein Hauß gekommen / und wie sie gefraget / wo er wäre / war verständiget worden /daß er oben in seiner Kammer wäre / und etwan schlieffe da ist sie unauffhältlich zu ihm gegangen /ist ihm um den Halß gefallen / und hat ihn gehertzet. Drüber er sich sehr entsetzet / und bald drauff gestorben ist. Eben solche Außgänge sollen sich mehr um gedachte Zeit hin und[116] wieder in Thüringen und Vogt-Land begeben haben; da die Frau Venus die geylen Hengste nach Würdigkeit empfangen / und sie ihre ungeziemende Fleischliche Lüste drüber wol gebüsset haben.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 113-117.
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