5.

[63] Das ist kein echter Saft der Reben,

der nicht gegoren und geschäumt,

das ist ein jammervolles Leben,

wo man nicht schwärmt mehr und mehr träumt!

Wo in den gleichen Gang der Tage

kein Fest mehr holden Wechsel bringt,

wo nie bei jauchzendem Gelage

die Freude mehr die Mütze schwingt!


Geschrieben steht's und steht zu lesen,

die Wahrheit wohnet in dem Wein;

wir sind so lange klug gewesen,

nun laßt uns endlich närrisch sein!

Den Trinkern glaubt und glaubt den Dichtern,

sie haben beide es erprobt:

Wer euch berauscht hat, macht euch nüchtern –

Sei, heil'ge Trunkenheit, belobt!

Quelle:
Robert Eduard Prutz: Prosa und Lyrik, Leipzig 1961, S. 63.
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Gedichte: Neue Sammlung (German Edition)