Auf seine vorgehabte Uebersetzung des Virgils

[119] Unsterblicher Virgil, du Ehre deines Roms,

Du würdiger bekräntzter Folger

Und Nebenbuhler des Homers,

Der du den frommen Held auf seinen starcken Schwingen

Dem Schatten der Vergessenheit

Durch deinen weisen Flug entrissen,

Und ihn der späten Welt dort in dem hellen Tempel

Der Ewigkeit noch zur Bewundrung zeigst.


Ich irr, und singe hier von Waffen, Mann und Streit,

Nach dir, in meine deutschen Sayten,

Ich wiederhole ungehört

Dein feurig edles Lied in Thälern und in Wäldern:

Ich baue dir ein Ehrenmal

Ich kröne dir mit frischen Lorbern

Dein Grab und den Altar, und opfre dir die Reime

So bis hieher der Dichtkunst Feld zerstört.


Dein ewiges Gedicht entriß dort ein August

Aus unverdient gedrohten Flammen,

Wer aber wird in deutsche Luft

Es wieder an das Licht des hellen Tages ruffen,[119]

Wer ist der Held, der Musen Lust?

O Hofnung, suchst du mich zu täuschen?

Erwach, und schau den Held. Er nur allein ist würdig

Den Ruhm mit dem August zu theilen.

Quelle:
Freundschaftliche Lieder von I. J. Pyra und S. G. Lange, Heilbronn 1885, S. 119-120.
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