16.

[147] Eh' es dich fand, geahnet

Hat dich das Lied in mir;

Und hat mir nicht gebahnet

Das Lied den Weg zu dir?


Da bist du mir begegnet,

Wo ich die Laute trug;

Die Stunde sei gesegnet,

Seit ich für dich sie schlug.


Einst mußt' ich wie im Traume

Als Dichter kund mich thun;

Nun stehst du mir im Raume,

Ein Seher bin ich nun.


Ich hab' in Formenschranken

Mich dazu vorgeübt,

Um nun den Gottgedanken

Zu spiegeln ungetrübt;


Um diesen Gottgedanken

Der Liebe, die mich schwellt,

Aus deiner Arme Schranken

Zu singen in die Welt.

Quelle:
Friedrich Rückert: Werke, Band 1, Leipzig und Wien [1897], S. 147-148.
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