Zwölftes Kapitel.

[257] Wie uns Krellhinz ein Räthsel aufgab.


Wie wir nun sassen, schrie uns Krellhinz in Mitten seiner Katzenbälger mit wilder heißrer Stimm an: Holla! halo! her! gelt? gelt? merkt ihr was? Gelt? Holla! her! – (Zu saufen, o zu saufen! brummt' Panurg in Bart) –:


Eine junge blond Behaarte

Zeugt' ein Mohrenkind ohn Vater;

Heckt' es drauf ohn Schmerz, die Zarte,

Kam es gleich zur Welt als Natter.

Denn gar schnöd zernagen that er

Ihr die Seite wild gelaunet.

Ueber Berg und Thal rasaunet,

Fliegt und wandelt er nun dreist,

Daß der Weisheit Freund, erstaunet,

Meint in ihm wär Menschengeist.


He holla! her! fuhr Krellhinz fort, wirst du dieß Rätsel gleich rathen, gelt? uns, gelt? bald sagen was dieß ist? – So gelt mir Gott! antwort ich ihm, wenn ich die Sphinx, so gelt mir Gott! bey mir im Haus hätt, wie Herr Verres euer Vorfahr, so gelt mir Gott! wollt ich dieß Räthsel wohl rathen, o so gelt mir Gott! allein ich denk nicht dran, und bin, so gelt mir Gott! unschuldig an dem Handel. – Gelt? Nun dann, beym Styx! sprach Krellhinz, weil du nicht reden wilt, will ich dir, gelt? wohl zeigen daß dir besser wär, gelt? in den Krallen Luzifers und allen Höllen-Teufel, gelt? als in unsre Klaun zu fallen. Gelt? siehst du sie? siehst du sie wohl? gelt, Lotterbub? Berufst du, gelt? dich hie auf Unschuld, gelt? als wenn die vor unsern[258] Martern dich schützen könnt? Gelt? und sind unsre Gesetz nicht gleich den Spinneweben, gelt? darinn die kleinen dummen Schmetterling und Mucken, gelt? sich fangen, aber die groben bösen Horlsken, gelt? zerreissen sie und schlupfen durch? Gelt? Gelt? so suchen wir auch nicht die groben Dieb und Bluthund, gelt? Die sind zu schwer verdaulich, gelt? und machten uns gar zu Schanden, gelt? Euch zarten unschuldigen Kindlein aber wird man die Unschuld hie schon, gelt? eintreiben, gelt? der grosse Teufel soll euch die Meß, gelt? lesen, gelt?

Bruder Jahn, der itzt der Glossen Krellhinzens müd war, sprach: Hoho! Herr Mummelteufel, soll er etwa auf Sachen Red stehn da er nix weiß von? Läßt du dir nicht an der Wahrheit gnügen? – Holla! rief Krellhinz, das wär, gelt? bey meinem Regiment das erste Mal, gelt? daß mir einer hie ungefragt schwätzt'! gelt? Wer hat den Hundstagsnarr'n hie losgebunden? – (Das lügst du frech, sprach Bruder Jahn, verzog aber keine Lipp dazu. –) Gelt? wann die Reih zu reden, gelt? an dich wird kommen, sollt du Schelm brav schwitzen, gelt? – (Erstunken! sprach Bruder Jahn für sich. –) Meinst etwann, gelt? du seyst im Akademischen Wald bey euern müssigen Wahrheitsjägern und Büchsenmeistern? Wir hie han ganz andre Ding zu thun, gelt? gelt? Hie antwort man, gelt? Holla! gelt? und kategorisch, gelt? auf das was man auch nicht weiß, gelt? bekennt was man nie thät, gelt? gelt? beschwört zu wissen was man nie vernahm, gelt? macht die Wüthenden mutterzahm, gelt? rupft die Gans und darf nit schreyn. Gelt? holla! gelt? schwatzt ihr ohn Vollmacht? Ich merks bald, gelt? Ey daß dich doch Gotts Marter schänd und ewig, gelt? heyrathen müßt! gelt? – Hu hu Teufel! schrie Bruder Jahn, Erz-Teufel, Proto- und Panto-Teufel! Also wilt du die Mönch vermählen? Hu hu ho ho hu hu hu! Er ist ein Ketzer! haltet ihn!

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 257-259.
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