Fünfzehntes Kapitel.

[76] Wie Schick-an die alten Hochzeitsbräuch erneuern will.


Nachdem der Schick-an ein groß Paßglas Bretanierweins hinuntergeschlappt, sprach er zum Burgherr: Gestrenger Herr, was denkt ihr doch? Theilt man bey euch kein Brautsupp aus? Kreuz Sackerlot! alle gute Bräuch gehn bey uns schlafen: man find keinen Hasen mehr auf seinem Loch, es giebt keine Freund auf Erden mehr. Denkt! hat man nicht die alten Weihnachtstrinkgelag der werthen OO-Heiligen an mehrern Kirchen schon abgestellt? Die Welt ist halt fast schweimlich worden; es geht zur Neig mit ihr. Aufgeschaut! itzt Brautsupp, Brautsupp, Brautsupp! damit schlug er auf Basché und sein Weib, dann auf die Zofen und Oudart'n los.

Jetzt sausten Händschlein so kräftiglich, das Schick-an's Kopf ihm an neun Stellen zermalmet ward; dem einen Zeugen ward der rechte Arm aus der Pfann gehauen: dem andern der Oberkiefer enthelmt, dergestalt, daß er ihm halb das Kinn zudeckt', nebst Entblösung des Zäpfleins und sehr beträchlichem Verlust an Stock- Back- Hunds- und Schneidezähnen. Itzt auf verändertes Pauken-Tempo barg man die Händschlein unvermerkt, ward frisches Naschwerk aufgetragen, das Prassen ging von neuem an. Während die guten Käuz nun saufen und sich untereinander Bescheid thun, wie auch dem Schick-an und seinen Zeugen, vermaledeyet und sacramentirt[77] Oudart die Brautsupp; er giebt für, daß ihm ein Zeug die ganze eine Schulter discornifistibulirt hätt, thät ihm jedoch ganz munter Bescheid. Der entkieferte Zeuge faltet' die Händ und bat ihn schweigend um Pardon, denn reden konnt' er nicht. Loire beschwert' sich, der entarmte Zeug hätt ihm den einen Elenbogen so arg zerfäustelt, daß er davon ganz aus dem Knorren experuckatzigarambolirunkulawenzelt wär.

Was aber, sprach der Pauker Trudon, und barg sein linkes Aug im Schneuztuch, wobey er auf den eingeschlagenen Boden seiner Heerpauk wies, was hätt Ich ihnen zu Leid gethan? Denn nicht genug daß sie mir also rekelmässig mein armes Aug mockamutschipitziparutschipockatzamortatzamaschinekanikulinemasakert haben, mußten sie mir auch noch meine Pauk zerfenstern? Man schlägt wohl Hochzeitpauken, aber den Pauker, den traktirt man, den hält man hoch, den schlägt man nicht. Itzt kann sich der Teufel 'ne Mütz draus machen. – Bruder, sprach der Schick-an mit dem Armstrumpf zu ihm: Ich geb dir ein schön groß alt Patent vom vorigen Jahr, habs hie im Quersack; da kannt du dir dein Pauk mit flicken, und um Gott und unser lieben Frauen von Riviere willen, vergiebs uns, ich habs nit bös gemeint.

Einer der Kämmerer hinkt' und hixt' und ahmt' den lieben edeln Herrn von Roche-Posay nach; er hielt sich an den Zeugen, der den Kiefer statt Geiferlätzleins vorm Maul trug, und sprach zu ihm: Seyd ihr Klipp-, Klopp-, oder Klöppelbrüder? War's nicht genug daß ihr uns alle obern Theil also mit schweren Ramsohlentritten morrunkolapunzepopompelipaxakataxamomischimaruffelt habt, mußtet ihr auch noch mit spitzigen Stiefeln uns solche Stippimaruppimorderikanibalurekakurekujonipatunkamaschariparummelpüff in die Schienbein geben? Nennt ihr das Spaß treiben? Meiner Treu, ich nenn's Bast reiben! – Mit gefaltenen Händen schien ihn der Zeug' um Pardon zu flehen und murmelt' immer mit der Zung, mum mum berlum wum wum, wie ein Meeraff.[78]

Die junge Frau heult' bald und lacht' bald, eins ins andre, daß der Schick-an sich nicht begnügt hätt sie ohn Wahl noch Ansehn der Glieder auszustäuben, sondern auch gröblich beym Haar gezaust und ihr verräthrischerweis die Schaamtheil zerhopsigaloppomambuscheraffizzlikappuzzelt hätt. Der Teufel hol's, sprach Basché, es thät auch mächtig noth daß der Herr König (so nennen sich die Schick-ans) mir meinen liebwerthesten Rückgrat so paukt'! Doch bin ich ihn drum nicht gram; das sind so kleine Hochzeitskaressen: seh aber itzund klärlich ein, daß er mich als ein Engel citirt, und als ein Teufel gefäustelt hat. Es steckt vom Klopfbruder was in ihm. Nun, auf sein Wohlseyn von ganzem Herzen! und auch auf eures, ihr Herrn Zeugen. – Was meint er aber, sprach sein Weib, was hat er auf mich, daß er mich so und wieder so mit groben Püffen regalirt? Hol ihn der Teuker, wenn ichs will. Ich wills zwar nicht, Gott weiß es, aber ich sprech: er führt die härtesten Klau'n die jemals auf meinen Schultern getrommelt.

Der Haushofmeister hielt seinen Arm, wie ganz morschabikamatscht in der Schärpen. Die Hochzeit, sprach er, hat mich der Teufel mit feyern heissen: mir sind will's Gott die ganzen Arm davon kaponikuranzomaschuckert. Nennt ihr das eine Trauung? so mag der Schinder trauen. Es ist bey Gott das leibhaftige Gastmahl der Lapithen, nach der Beschreibung des Philosophen von Samosate? – Schick-an sprach nicht weiter. Die beyden Zeugen entschuldigten sich, daß sie nicht aus böser Absicht geschlagen hätten; und möcht man's ihnen um Gottes Willen dießmal verzeih'n. So zogen sie ab. Eine halbe Stund davon fühlt' Schick-an sich etwas unwohl. Die Zeugen kamen auf der Bouchardsinsel an, bezeugten laut und öffentlich daß sie noch nie einen bravern Mann als Herrn von Basché funden hätten, noch ein so stattlich Haus wie seins, auch solcher Hochzeit in ihrem Leben nicht beygewohnt; die Schuld läg aber an ihnen allein, weil sie zuerst geschlagen hätten. Und lebten noch, ich weiß[79] nicht wieviel Tag darnach. Seitdem glaubt' alles steif und fest, daß Basché's Geld den Schick-an's, Schergen und Zeugen pestilenzialischer, verderblicher und tödlicher wär als das Tholosische Gold vor Zeiten oder das Sejanische Pferd dem der's besaß, und ward fortan ernannter Herr in Ruh gelassen, und Basché's Hochzeit im Volk zum Sprichwort.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 76-80.
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