Zehnter Auftritt

[154] Karl. Ajaxerle. Vorige.


KARL im Bauernkleide, stürzt auf Lottchen zu. Lottchen, liebes, gutes Lottchen! Sprech ich dich endlich einmal!

LOTTCHEN ihre Freude zurückhaltend. Karl! mein lieber, lieber Karl!

KARL. Wie? so lange sind wir getrennt, und du empfängst mich so kalt, so herzlos?

LOTTCHEN. Aber Karl, dieser Herr –

KARL. Ah, was liegt uns an den Herrn, das scheint gar eine ehrliche Haut zu sein. Nicht wahr, lieber Freund, Sie nehmens nicht übel?

AJAXERLE als schwäbischer Handelsmann, trägt einen Kaput mit zinnernen Knöpfen, dreieckigten Hut. Ah freilich genieren Sie sich nicht, deswegen sind wir ja da.

KARL. Ja, wenn ich mein Lottchen sehe, da vergesse ich auf die ganze Welt. Umarmt sie. Ach Lottchen, was wird aus uns werden? Ich hätte mich noch nicht herauf getraut, wenn du mich nicht durch diesen Herrn hättest rufen lassen.

LOTTCHEN. Durch diesen Herrn?

KARL. Ja wohl, dieser Herr kam heute zu mir auf den Markt und sagte, du hättest ihn geschickt, mich zu dir zu führen, wenn dein Vater ausgeht.

LOTTCHEN. Aber Karl, was ist denn das, ich kenne ja diesen Herrn gar nicht?

KARL. Wie?

AJAXERLE. Ja, wissen Sie, warum Sie mich nicht kennt? Sie hat mich noch nie gsehen.

KARL. Herr, wie können Sie sich unterstehn, mit uns Spaß zu machen?

AJAXERLE. Ich will mir aber ein Spaß machen, ich will euch glücklich machen. Ihr Tausendsappermenter! Schlagts ein, verlaßt euch auf mich, ich bin ein ehrlichs Büble. Ich darf euch noch nicht sagen, was ich bin, aber unter uns gesagt – ich bin was. Erstens bin ich ein Schwabe, und dann bin ich noch was, und wenn binne zwei Tagen[154] nicht Hochzeit wird, so könnts mir was antun. Verlaßts euch nur auf mich, ich werd den Bauer schon herumkriege, und sagt er Nein – so ist bis heute Abend doch die ganze Pastete in Ordnung. Zu Karl. Gehen Sie nur getrost nach Haus und warte Sie auf mich in Ihrer Hütte.

LOTTCHEN springt vor Freude. Ists möglich? Ach Karl, wir wollen ihm vertrauen –

WURZEL von innen. Aufdecken lassen!

LOTTCHEN. Himmel! Der Vater kömmt zurück! Ach, wenn er dich sieht, so ist alles verloren.

KARL. Leb wohl, ich entspringe.


Will abgehen.


LOTTCHEN. Du läufst ihm ja entgegen. Ich will sehen, ob er nach dem Garten geht, dann schnell hinab, sonst sind wir verloren.


Eilt schnell ab.


AJAXERLE ihr nachrufend. Fürchte Sie sich nicht! Bleibe Sie da!

KARL. Verdammte Geschichte, der Alte kommt herauf.

AJAXERLE. Das macht nichts, er wird uns nicht beiße. Aber weil ich das Ding gar fein anstelle will, so schlupfe Sie derweile in den Kasten hinein.

KARL probiert am Kasten. Er ist verschlossen!

AJAXERLE. Warte Sie, er wird gleich offen sein! Ich hab ja mein Werkzeugle bei mir. Er zieht schnell einen Zauberkreis, ein kleines Buch und ein kurzes Stäbchen aus der Tasche, stellt sich in den Kreis und schnattert die Worte. Pitschili! Putschili! Frisili! sauf. Kästerle! Kasterle! tu dich doch auf!


Schlägt mit dem Stab auf das Buch. Der Kasten springt auf und verwandelt sich dadurch in eine transparente Laube mit einem Rasensitz. Karl springt erstaunt hinein, die Flügel schließen sich, und der Kasten steht wieder wie vor da. Ajaxerle

steckt seine Zauberrequisiten ein.


LOTTCHEN stürzt herein. Es ist umsonst, er folgt mir auf dem Fuß! Wo ist Karl?

AJAXERLE deutet auf den Kasten. Den hab ich aufghoben, im Kasten da drin.

LOTTCHEN. Unter der alten Wäsche?

AJAXERLE. Ja wohl, bei die alten Strümpf, damit doch ein neuer auch dabei ist.

LOTTCHEN. Still, der Vater kommt.[155]


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 154-156.
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