Zehnter Auftritt


[344] Lischen. Habakuk.


LISCHEN äußerst zornig. Nein, das ist nicht zum Aushalten, das Haus ist ja eine wahre Folterbank. Wie man nur die Dienstleute so herabsetzen kann?

HABAKUK. Es ist aber auch ein Volk. Ich bin ein Bedienter, aber wenn ich mein eigner Herr wär, ich jaget mich selber fort.

LISCHEN. Mich eine Person zu heißen!

HABAKUK. Solche Personalitäten!

LISCHEN. Halt Er Sein Maul! Wenn ich nur diesen langweiligen Menschen nicht mehr vor mir sehen dürfte!

HABAKUK. Ich bin kein Menschenfeind, aber ich habe einen Stubenmädelhaß. Was mir diese Person zuwider ist, bloß weil sies nicht glauben will, daß ich in Paris gewesen bin. Boshaft. Gschieht Ihr schon recht, Mamsell Liserl!

LISCHEN. O Er erbärmlicher Wicht! Er verdient gar nicht, daß sich ein Stubenmädchen von meiner Qualität mit Ihm unter einem Dache befindet.

HABAKUK. Oh, prahlen Sie nicht so mit Ihrer Stubenmädelschaft, Sie haben auch die Stubenmädlerei nicht erfunden. Ich versichere Sie, ich war zwei Jahr in Paris, da gibt es Stubenmädel, – wenn man die ins Deutsche übersetzen könnt, das gäbet eine Stubenmädliade, wo sich die ganze hiesige Kammerjungferschaft verstecken müßt. Und Sie schon gar, meine liebe Exkammerjungfer.

LISCHEN. Er zwei Jahre in Paris gewesener Einfaltspinsel, Er kommt mir gerade recht, wenn Er sich noch einmal untersteht, Seine unverschämte Zunge zu meinem Nachteil zu bewegen, so werd ich Seinen Backen einen Krieg erklären und Ihm den auffallendsten Beweis liefern, auf was für eine kräftige Art ein deutsches Kammermädchen die Ehre ihres Standes zu rächen weiß.


Gibt ihm eine Ohrfeige und geht schnell ab.


HABAKUK hält sich die Wange. Nein, was man in dem Haus alles erlebt – ich war zwei Jahre in Paris, aber so etwas ist mir nicht vors Gesicht gekommen. Geht ab, indem er sich den Backen hält.[344]


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 344-345.
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