Scena XV

[99] Camille, Edward, Fidele, Cleander.


FIDELE. Ich hätte mir das Ding nimmermehr eingebildet, daß die ehrliche Frau sterben würde.

CAMILLE. Und ich hätte mir auch ehe was anders träumen lassen, als daß sie so geschwinde mit Tode abgehen sollte.

CLEANDER. Was spricht aber der Tebelholmer?

CAMILLE. Er meinet ja den Sohn, welcher in der Fremde ist gewesen?

CLEANDER. Ja, den meine ich.

CAMILLE. Ach, der arme Schelm sitzt in der Hölle und weinet die bittersten Tränen, daß er kein Kleid hat.

EDWARD. Er wird nun schon wieder eins bekommen.

CAMILLE. Freilich lassen sie ihm eins machen; allein auf den Abend wird er sich wohl mit einem geborgten derweile behelfen müssen, bis die Trauer fertig ist.

FIDELE. Was soll er damit tun auf den Abend?

CAMILLE. Sie soll beigesetzt werden.

CLEANDER. Läßt sich's aber sobald mit ihr tun?

CAMILLE. Ach ja, es wurde stracks Anstalt darzu gemacht. Der Sarg ist auch bald fertig.

FIDELE. Lassen sie sie aber auch sehen?

CAMILLE. Das wird wohl nicht geschehen, weil sie etwas[99] unscheinbar aussieht. Wollen die Herrn aber ihr Begräbnüs sehen, so können Sie auf den Abend mit hinaus gehen auf den Gottesacker, da werden sie die Leiche hineinbringen.

CLEANDER. Wollen wir hinaus gehen?

FIDELE. Ich gehe schon mit.

EDWARD. Ich möchte ihre Sepultur selbst gerne sehen.

CAMILLE. Ach, gehen Sie immer hinaus, es werden indem viel Leute aus der Stadt mit hinaus laufen.

FIDELE. Wird denn keine Abdankungsrede dabei gehalten werden?

CAMILLE. Ich habe auch davon gehört, der Präzeptor soll sie noch tun.

CLEANDER. Gibt derselbe einen guten Orator ab?

CAMILLE. Ich verstehe es nicht, ihr Herren.

FIDELE. Er mag wohl was getan haben, man kann nicht wissen. Ich habe zwar dergleichen noch nicht von ihm gehöret.

EDWARD. Ich wüßte mich's auch nicht zu entsinnen.

CLEANDER. Sie sollten's dem Hausknechte auftragen, der würde wohl was herschwatzen, daß sie alle bei großem Leide lachen müßten.

FIDELE. Wo muß denn der Vogel stecken, daß er sich nicht einmal blicken läßt?

CAMILLE. Sie haben ihm Geld gegeben, er soll sich einen Flor im Gewölbe holen, daß er seine Frau auch betrauren kann.

CLEANDER. Wenn wir ihn doch antreffen, wir wollten ihm eine Nase machen, daß er seiner verstorbenen Frau, wenn sie beigesetzt würde, die Abdankung tun sollte.

FIDELE. Ich bin gut dafür, man dürfte ihm nur leichtlich was davon gedenken. Er unterstünde sich, solch Ding vorzunehmen.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 99-100.
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