19.

[742] Wandelt sich rasch auch die Welt

wie Wolkengestalten,

alles Vollendete fällt

heim zum Uralten.


Über dem Wandel und Gang,

weiter und freier,

währt noch dein Vor-Gesang,

Gott mit der Leier.


Nicht sind die Leiden erkannt,

nicht ist die Liebe gelernt,

und was im Tod uns entfernt,


ist nicht entschleiert.

Einzig das Lied überm Land

heiligt und feiert.

Quelle:
Rainer Maria Rilke: Sämtliche Werke. Band 1–6, Band 1, Wiesbaden und Frankfurt a.M. 1955–1966, S. 742-743.
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