[Ein Nagel saß in einem Stück Holz]

[76] Ein Nagel saß in einem Stück Holz.

Der war auf seine Gattin sehr stolz.

Die trug eine goldene Haube

Und war eine Messingschraube.

Sie war etwas locker und etwas verschraubt,

Sowohl in der Liebe, als auch überhaupt.

Sie liebte ein Häkchen und traf sich mit ihm

In einem Astloch. Sie wurden intim.

Kurz, eines Tages entfernten sie sich

Und ließen den armen Nagel im Stich.

Der arme Nagel bog sich vor Schmerz.

Noch niemals hatte sein eisernes Herz

So bittere Leiden gekostet.

Bald war er beinah verrostet.

Da aber kehrte sein früheres Glück,

Die alte Schraube, wieder zurück.

Sie glänzte übers ganze Gesicht.

Ja, alte Liebe, die rostet nicht!

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 76-77.
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