Von der keler einfall auf die flüchtigen meuse.
Es hatten aber am eichbaum
Eingenommen ein großen raum
Ein feurwurm, viel mein und roßkefer,
Bein Sachsen genant scharnewever,
Aus furcht, weil so viel meus ankemen,
Sie würden sie gefangen nemen,
Das sie gern in die löcher krochen,
Darein die meus hielten sechs wochen,[282]
Und darein nichts brachten, nichts machten
On das sie die hausleut verlachten,
Alles beschmeißten und bemurten
Und denn mit undank davon schnurrten,
Wenn der winter nun war verflossen
Und die beum ihre blumen schossen.
Derhalben als ihn ward bekant,
Das der sieg bei den meusen stand,
Erschraken sie so ganz und gar,
Das ihns fliegen vergangen war,
Und suchten in der rinden spalten
Wo sie konten sich heimlich halten.
Nun aber sich das spiel umwandt
Und die meus wurden übermant,
Von den krebsherrn geschreckt, geschlagen,
Hörten sie wieder auf zu zagen
Und wolten auch haben den preis,
Das sie mit ihrer sterk und fleiß,
Mit ihrem mut und klugen sinnen
Der meus heer helfen überwinnen.
Denn kein Wackerlos und Vernim,
Kein baurköter war je so schlim,
Wenn das pferd lag im tiefen graben,
Sein maul voll wolt er davon haben;
Keine maus war so blöd und lam,
Wenn sie des leuen tod vernam,
Sie sprang ihm mutig in den bart:
Also war auch der kefer art. –
Denn der große schwarze hausbörner
Schwang die flügel, streckt seine hörner
Und sprach: "Mein allerliebste vetter,
Hört ihr das rufen und geknetter,[283]
Damit die meus ihr flucht angehen,
Nun sie uns hie versamlet sehen,
Nun sie sehn meine hörner scheinen
Und on zweifel nicht anders meinen,
Denn das ihr all seid meiner art,
Darum ihr keiner unser wart,
Das auch die krebs, die lame tropfen,
Die nicht habn ein erlichn blutstropfen
In ihrem leib, in lung und leber,
Die wackeln gehn wie die leinweber,
Wie der organisten calcanten
Und die alte faule bachanten,
Dennoch sich dürften unterstehen,
Den flüchtign meusen nachzugehen
Und zu pochen mit ihrem krachen,
Dessen man ja billig mag lachen.
Wenn ihr nun wert als ich verwegen,
Wir wolten preis und er einlegen,
Unser schild wie ein buch aufheben,
Dem wind die flügelbletter geben,
Die hörner und füß von uns strecken,
Mit brumn und humn die meus erschrecken,
Auf die flüchtigen schelmen sitzen,
In sie drücken der hörner spitzen,
Odr an ihn wetzn die scharfe zeen,
Es solt ihn hörn und sehen vergehen,
Sie solten sich gefangen geben
Oder nicht heimbringen ihr leben,
Darum das sie ihr zeen uns weisen
Oder auch wol freventlich beißen,
Wenn wir in ihre löcher kommen,
Den winter ein wenig drein brommen.
Zeit ists, das ihr euch nun ermannt,
Der sieg steht gar in unser hand;
Ich bin der meister und der man,
Der euch tapfer anfüren kan,
Mein hörner sollen die ban brechen,
Das jeder mag gewonnen sprechen!"[284]
Die kefer sprachen: "Wir wolns mit wagen,
Die meus rullen, jagen und schlagen,
Beißen, reißen, schenden und blenden,
Mit hörner, zeenen, füßen, henden,
Bis sie alsamt werden erstochen,
So habn wir uns tapfer grochen."
Damit fielen sie auf die meus,
Wolten ihn recht suchen die leus,
Insonderheit schoß der feurwurm
Auf den Erdman mit einem sturm,
Macht mit den flügln ein groß gebrum,
Tummelt sich mit ihm um und um,
Als wenn ein unerfarnes kind
Mit seiner mül leuft widern wind
Und sich gar frech und manlich stellt,
Bis das es maul und nas zerfellt. –
Die krebs aber ser wunder nam,
Was für ein neu kriegsvolk ankam,
Wüsten nicht, ob sie waren freunde
Oder beistehn wolten dem feinde.
Als sie aber ihnen zusahen,
Das sie fest auf den meusen lagen,
An sie satzten ihr zeen und zungen
Und die vielfaltig flügel schwungen,
Stießn und bissen gleich wie die emsen,
Die raupen und die madenbremsen,
Und damit doch nichts anders schaffen
On das sie ritten wie die affen,
Spricht der Astachs den feurwurm an:
"Woher komst du, mein wunderman,
Wer hat dich zu dem kampf gebeten,
Wer heißt den han die hüner treten?"
Der feurwurm brumt und macht sich kraus
Und sprach: "Es ist die schelmsche maus
Nun lange zeit mein feind gewesen,
Darum soln die meus nicht genesen.[285]
Ich will sie all allein erschlagen,
Ihr dürft ihn nicht also nachjagen,
Ihr werdet ihn doch nicht ansiegen,
Weil ihr wedr stoßen könt noch fliegen
Wie ich und meine rotgesellen,
Wenn wir unser macht brauchen wöllen.
Weicht ihr abr nicht, so müst ihr gwarten,
Das wirs euch wie den meusen karten.
Der war ein freund, der warnt zuvorn,
Ehe denn allr vorteil war verlorn." –
Der Astachs so heftig ergrimmet,
Das er sein harnschen handschuh nimmet,
Begreift den feurwurm mit der maus,
Drückt ihn gehirn und herz heraus,
Das auch der mist hinten ausdrang,
Dem Astachs ins gesichte sprang,
Als wenn ein gdrückte kirsch ihrn stein
Eim andern scheußt zum gsicht hinein.
Der Astachs seine augen putzt
Und das kefergeschmeiß aussputzt
Und sprach: "Wol ist das sprichwort war,
Das ich an mir redlich erfar:
›Wer sich mit unflat schlegt und treckt,
Gwin odr verlier, er wird befleckt!‹
Schau da, ob du gleich hörner hast,
So helt mein handschuh auch noch fast
Und kan deinen trotz und mutwillen,
Wenn du lust dazu hast, wol stillen,
Dich leren, das stolzer mut und zorn
On macht und nachdruck ist verlorn!"
So gieng es auch der kefer heer,
Bekam spot und schaden für er.
Wer ander meister meistern will,
Helt mit klügeln wedr maß noch ziel;
Wer andern nicht wil frieden lassen,
Komt zun schlagen noch wol zu maßen,[286]
Und macht er sich gleich ser beschissen,
Er wird gebißn, geschmißn, zerrissen. –
Dieweil abr indes die krebsherren
Aus dem see immer sich vermeren
Und grausamlich die meus ermorden,
Die nun stritten on rat und orden,
Und die kreen mit großem geschrei,
Geier und weihen mancherlei
Heufig in die luft umher flogen
Und wie ein wolken auf sie zogen,
Kam allen meusn ein schrecken an
Und konten lenger nicht bestan,
Sondern warfn ihr wer aus der hand,
Namen die flucht in ihre land,
Bis ein hie, die ander da kroch
Mit großem zittern in ihr loch.
Die schwanen fiengen auch die schiff,
Das ihnen keine maus entlief,
Sondern von ihn gefressen ward,
On die schon waren am ausfart.
Die ließen ihre schiflein stan
Und liefen all zu feld hinan.
Allein Friedlieb zeitig gedacht:
"Nun streit ich nicht widr gottes macht!"
Versamlet eilend seine leut
Und frösch, so er bekam zur beut,
Fürt sie mit heim in seine land,
Daselbst durch gottes wunderhand
Frösch, padden, euzen menschen worden,
Haben der Geubscher bauren orden,
Bauen zur Claus der megde straßen,
Leben beim schenken gern im nassen.
Wie auch der Schulenburger euzer
Sind unverzagte kannenschneuzer,
Die auch des Friedlieben Ratman
Für sich, für sein ausbeut bekam[287]
Und in der Brandenburger marken
All ihr elend ließ bequarken,
Kaum im Bernauschen wald zurecht,
Wurden Euzdorfer müllerknecht,
Da sie noch bei eim tiefen see
Quarken und melen immer mehe,
Auch mit geirn, meusen, schlangen, hechten
Teglich haben allgnug zu fechten.
Die aber tot waren und wund
Und man in eil nicht tragen kunt,
Die blieben auf der walstat all,
Der frösch und meus ein große zal.
Doch wurden viel begraben auch
Durch den hals in ein warmen bauch,
Denn Heinz und Reinik, jung und alt,
Kamen am abend aus dem wald
Mit ihren freunden und gesinde,
Wieseln, mardern, weibe und kinde,
Auch das schwein, dachs, igl und iltisch,
Im see der hecht und andre fisch
Hielten ein köstlich herrenmal
Und fraßen die erschlagnen all.
Was aber überblieb in eil,
Ward weihen, rabn und kreen zu teil. –
So ward des tags der krieg volnbracht,
Die sonn gieng unter und es ward nacht.
So fal, so schal, so kal gets aus,
Wenn sich der frosch rauft mit der maus.
Aller welt rat, macht, trotz und streit
Ist lauter tand und eitelkeit,
Macht doch mord, armut, herzeleid.
Got helf und tröst in ewigkeit!
AMEN.
Salomon,
Vanitas vanitatum et omnia vanitas.
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