Actus 1.

DER EHRNHOLDT tritt ein, neigt sich unnd spricht.

Heyl unnd gelück so sey euch allen,

Versamelt hie! Euch zu wolgfallen

Seind wir gebetten hieher kumen,

Uns tragedi-weis fürgenumen

Ein wunderbarlich schön histori,

Nützlich zu bhalten in memori

Von herr Tristrant, eins königs sun,

Der fraw Isalden lieb gewun,

Des königs tochter auß Irland,

Welche gemelter herr Tristrant

Solt uber see köng Marxen bringen.

Nun aber heimlich zu den dingen

Ihr mutter ein bultranck machen thet,

Das einer jungkfrawen befolhen het,

Wenn man ir tochter, die schön Isald,

Zuleget könig Marxen bald,

Solt sie ins beiden zu trincken geben,

So müstens denn durch-auß ir leben

Einander haben hertzlich lieb

Von deß bultranckes starcken trieb.

Nun weil sie füren auff der seh,

Unwissent, in zu ach und weh,[142]

Truncken sie beide das bultranck.

Tristrant und Isald werden kranck,

In lieb verwund ir beider hertzen

Mit unableschlich braust und schmertzen.

Was nun hernach sie alle beide

In ihrer lieb für hertzen-leide

Und gferligkeit haben erlitten,

Ihr leben lang durch-auß erstritten,

Wert ir alhie hören und sehen,

In kurtz, wie solches ist geschehen,

Beide mit wort und that verjehen.


Der ehrnholdt geht ab.


KÖNIG MARX geht ein mit seinen räthen, setzt sich und spricht.

Ihr lieben getrewen, ir wist allsandt,

Das der gros könig von Irlant

Uns hat ein bost geschicket her,

Und ist an uns sein streng beger,

Das wir im tribut geben söllen,

Wie wir nach das erzelen wöllen,

Nemblich auß unserm gantzen reich

All knaben und mägdlein dergleich,

In dem alter bey fünftzehn jaren,

Mit den nach sehn willen zu faren,

Das sie bleiben leib-eigen sein,

Oder wir sollen in gemein

Auß unser ritterschaft erweln

Ein ritter, zu eim kempfer steln,

Das der selbige kempfen solt

Mit einem held, der heist Morholt,

Welcher doch vier manns stercke hat.

Und so der ritter an der stat

Den Morholdt überwinden thut,

Soll wir gefreit sein am tribut.

Ligt aber ob Morholdt allein,

So müß wir ewig zinßbar sein.

Raht zu, ob wir unter euch finden

Ein ritter, der sich unterwinden

Deß kampfs! dem soll es sein on schaden.

Wir wöllen in reichlich begnaden.[143]

HERTZOG THINAS spricht.

Großmechtiger köng, für mein person

Ich den kampff nit verbringen kan,

Wann von leib bin ich schwach und mat.

Gros kranckheit mir genumen hat

Mein grosse sterck, macht und mein kraft,

Das ich fürbas der ritterschaft

Fürs vatterlandt nit pflegen kan.

Sunst will ich sein ein nützer man

Dem landt mit trew und weisen rath.

CURNEFAL, DER HOFMEISTER.

So wiß königklich mayestat!

Ich kan ie auch nit kempfer sein.

Mich hat geschwecht das alter mein,

Das ich auch nit mehr kempfen mag.

Doch, herr könig, dir ich zu-sag:

Ein kempfer ich zu rüsten weiß

Mit vil kampff-stücken in den kreiß,

Wie er dem feinde soll abbrechen

Mit stossen, werffen, hawen und stechen,

Dardurch lern feind obligen mag.

HERR TRISTRANT, DER HELDT.

Dieweil denn auff heutigen tag

Den kampff niemandt will nemen an,

So will ich mich deß understan,

O herr könig und vetter mein,

Zu trost dem königreiche dein.

Das es nit zinßbar werd genant

Dem grosen könig von Irlant,

So will ich meinen leibe wagen.

KÖNIG MARX spricht.

Herr vetter, dir thu ichs abschlagen.

Wolst du deß kampfs dich nemen an?

Morholdt ist als starck als vier man,

Gegen im zu rechn bist ein kindt.

HERR TRISTRANT.[144]

Ich sorg nicht, das er uberwind.

Ein ghrechte sach hab wir darbey,

So treibet er nur tiranney,

Das er dein reich unter sich brecht;

Hat darzu weder fug noch recht.

Derhalb wird mir Gott thun beystant,

Weil ich kempff für das vatterlant

Und thu das auß bezwungner not.

KÖNIG MARX.

Weil du dein trawen hast zu Gott,

So wöllen wirs gleich mit dir wagen,

Iedoch dich vor zu ritter schlagen.

Du, Curnefal, du wirst allein

Herr Tristrants wappenmeister sein,

So wöll wir Morholdt den kampf zusagen

Auff morgen frü, halt es ist tagen.


Sie gehen alle ab.


MORHOLDT, DER HELDT tritt gewappnet ein und spricht.

Mir ist der kampff heut zu-gesagt.

Will gern sehen, wer sie wagt

Auß den curnewelschen hoffrittern.

Dem will ich wol den kampff verbittern,

Wie ich vor manchem hab gethon.

Bey zwölff kämpffen ich vor gewon,

Welch ritter ich all hab entleibt.

Von meim kempffen man singt und schreibt.

Derhalben im gantzen lant mein lob

Schwebt mit groß preiß und ehren ob.

Dasselb lob will ich nicht aufgeben,

Und solt es kosten mir das leben.

Ich sich dort einen jungen man

Auß einem schiff gerüstet gan.

Will kempffen er in dieser inseln

Mit mir, so mach ich in doch winseln.

Er tritt gleich her auff die walstat,

So man zum kampff verordnet hat.

Herzu, du junger stoltzer man!

Wilt du deß kampfs dich nemen an

Für könig Marx also genant?[145]

HERR TRISTRANT kumbt gewapnet unnd spricht.

Ja, ich will für curnewelsch lant

Kempffen und von Irlandt, dein bösen,

Von dem tribut und zinst erlösen,

Das wir mit recht nicht schuldig sein.

MORHOLDT, DER HELDT.

Junger man, es erbarmbt mich dein,

Das ich dich bringen soll umbs leben.

Ein trewen rath will ich dir geben:

Ker umb! fahr mit mir in Irlandt!

Ehr und reichthumb wird dir bekandt.

Und nimb dich nur des kampfs nit an!

TRISTRANT spricht.

Morholdt, das will geren than.

Wo du mir ledig zelst das landt

Von solchem tribut obgenandt,

So will ich geren faren mit.

MORHOLDT, DER HELDT.

O junger heldt, das thu ich nit.

So ich dem mandat nit nach khem,

Kembst oder diesen tribut nemb,

Sprech man, ich wer also verzagt.

TRISTRANT spricht.

Morholdt, so sey dir widersagt

Zum kampff, zu brauchen sper und schilt.

MORHOLDT, DER HELDT.

Haw her, wenn du ie kempffen wilt

Mit mir! Weil du bist so vermessen,

So müsn die vögl dein fleisch heut fressen,

Darzu die hund lecken dein blut.

TRISTRANT haut zu, spricht.

Ich hoff, es wer dir nit so gut.


[146] Sie kempffen, treiben an einander umb. Morholdt wird ein hand verhawen, fleucht.


TRISTRANT schlegt ihn nider unnd spricht.

Held, ich mein, curnewelsch land sey

Von dem tribut und zinsen frey,

Dieweil und ich dich hab erlegt

Das du tod ligst von mir gestreckt.


Hertzog Thinas und Curnefal kumen.


THINAS spricht.

Du küner held, ritter Tristrant,

Nun hast du curnewelisch lant

Erlöst von dem schweren tribut.

Doch bist berunnen auch mit blut.

Sag, herr Tristrant! bist du auch wund?

HERR TRISTRANT spricht.

Ja warhaftig, von hertzen grund.

So bald wir an einander traffen,

Wund er mich mit vergiften waffen

Mit zweien wunden eben tieff.

CURNEFAL spricht.

Nun last uns trotten in das schiff,

Wann es ist auff den tag nun spat!

Hoff, ewr wunden werd gut rat,

Das wir herrlich ein-triumphiren,

Zu Thintariol jubiliren.


Sie gehen alle drey ab. Zwen Irlender kumen mit Isalden und finden Morholdt todt. Sie spricht.


Hertzlieber vetter, bist du todt?

Ligst du in deinem blute rot?

Het ich doch dich lebent gefunden,

So het ich dir dein tieffe wunden

Geheilet bald mit meiner kunst.

Nun ist all ärtzney umb sunst.


Isald thut ihm sein heim ab und findt ein stück von herr Tristrant schwerdt in seiner wunden, zeigt das und spricht.


Schaut! von des feindes schwerte scharten[147]

Steckt ihm das stück in seiner schwarten.

O das ich deinen todt kündt rechen,

Den feind mit eigner handt erstechen!

Wer mir die höhest freud auff erdt.

Nun, das er auch bestattet wert

Nach fürsten-standt, so nemet in

Und tragt in in das schiffe hin,

Das wir hinfaren in Irlandt!

Kein grösser laid, schad, spot und schandt

War meim herr vatter nie bekant.


Sie tragen den todten ab.


Quelle:
Hans Sachs. Band 12, Tübingen 1870–1908, S. 142-148,187-188.
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