Actus 2.

[148] HERR TRISTRANT geht ein mit verbunden schenckeln, an zweien krucken, und spricht.

Wolt Gott, ich leg unter der erden!

HERTZOG THINAS spricht.

Mein herr, wils noch nit besser werden?

HERR TRISTRANT spricht.

Kein ärtzney will an mir klecken.

Mein wunden thun stincken und schmecken,

Das niemand mehr umb mich kan bleiben.

Derhalb will ich mein zeit vertreiben

Außerhalb der stat bey der see,

Wann mir ist also bitter weh.

All artzt verzaget sind an mir.

CURNEFAL, SEIN HOFMEISTER.

Herr Tristrant, wenn ich wer als ir,

So wolt ich faren uber see

In frembde landt, da ir leicht eh

Würd heil denn hie in unserm landt.

HERR TRISTRANT spricht.

Ja, du hast mich gleich recht gemant.

So will ichs thun und faren hin,[148]

Weil ich on das des todes bin,

Gott, der Herr, wöll euch all bewarn!

Will gleich morgen des tags abfarn.


Tristrant gehet ab.


HERTZOG THINAS spricht.

Schad ist, das der jung herr soll sterben,

Au der vergifften wunden verderben.

Ein gantz landt sich sein trösten solt.

CURNEFAL, DER HOFMEISTER.

Er hat uns hie erlegt Morholdt,

Der uns sehr grosse angst thet an,

Wie er vil landen hat gethan,

Welche er zu tribut hat zwungen,

An den im allen ist gelungen.

HERTZOG THINAS spricht.

Soll der jung herr mit todt abgon,

So würde diß landt erbloß ston,

Weil könig Marx kein gmahel hat,

Dem wir doch oft mit trewem rat

Ermonten, das er heiraten solt,

Wie wol er uns nie folgen wolt.

DER EHRNHOLDT kumbt unnd spricht.

Man sagt, herr Tristrant unerkant

Der sey gefaren in Irlant

Mit seinem schiff, das sich deß armen

Der könig selb hab thun erbarmen,

Da er hab ein artztin gefunden,

Die im heil sein vergiffte wunden.

So hat der könig durch bost vernumen,

Wie das herr Tristrant bald werd kumen

Und sey schon gar frisch und gesund.

HERTZOG THINAS spricht.

Kumb! wir wöllen erfarn den grund.

Wo solches wer ein warheit hie,

Kein lieber mär hort ich vor nie.


Sie gehen mit einander ab.


KÖNIG MARX kumbt mit Tristrant und der ritterschaft, setzt sich unnd spricht.[149]

Gott sey lob imer ewigkleich,

Das wir nun zu dem königreich

Ein erben haben durch sein segen,

Deß ich mich doch het gar verwegen!

Nemlich Tristrant, der öham mein,

Der sol nach mir der könig sein.

HERR TRISTRANT spricht.

O königkliche mayestat,

Hör auch mein hertz-getrewen rat!

Nimb selbert ein gemahel dir,

Das dir geboren werd auß ihr

Ein natürlicher erb zum reich,

Wie solchs dir, könig, rätt der-gleich

Die gantz ritterschaft, das begert.

KÖNIG MARX spricht.

Nun der bit solt ir sein gewert!

Doch wist, das ich weng oder vil,

Kein ander gmahel haben will,

Dann die, von der kumbt dises har,

Welches ich gestern sach fürwar

Auß dem luft fallen oberhalben,

Als mit einander kempften zwo schwalben.

Bringt ir zu wegen diß weibßbilt,

So soll ewr begeren werden gestilt.

HERR TRISTRANT spricht.

Herr könig, will dasselbig du,

So gib mir hundert ritter zu,

Ein galleen gut und auch gelt!

So will ich dir die weiten welt

Durch-farn, nachforschen dem weibßbild klar,

Von der her kamen das frawen-har,

Und will dir sie denn hieher bringen.

KÖNIG MARX spricht.

Tristrant, saumb dich nit in den dingen!

Darzu du gar nichts sparen solt.

Nimb kleider, kleinot, silber und goldt,

Roß, harnisch auff die weiten reiß,[150]

Dieweil dein zukunft niemandt weiß!


Sie gehen alle ab.


TRISTRANT geht wider ein mit hertzog Thinas und Curnefal und spricht.

Wir haben ein grosses ungewitter

Erlitten, ir lieben mit-ritter!

Sind kaumb mit not gefaren an landt.

Die gegent ist uns unbekandt.

HERTZOG THINAS spricht.

Wo diese gegent Irlandt wer,

So khem wir in lebens gefer.

Der könig lest all Curwallen hencken

Oder im tieffen see ertrencken,

Weil du Morholden hast erschlagen.

Dort lauft ein man, denn wöll wir fragen.


Der Irlender laufft daher.


TRISTRANT fächt in auff, spricht.

Mein man, sag uns an diesem endt,

Wie diese landtschaft sey genent!

HEINRICH, DER IRLENDER spricht.

Herr, diese gegent heist Irland.

HERR TRISTRANT spricht.

Mein lieber man, thu mir bekand!

Wie ist zu lauffen dir so gach?

HEINRICH, DER IRLENDER spricht.

Da kumbt der grausam trach hernach,

Der schier das landt verderbet hat.

Auff den hat köngklich mayestat

Außrüffen lassen, in der not,

Wer diesen trachen bring zum todt,

Wöll er sein tochter zum weib geben.

Ich bleib nit; dort kumbt der trach eben.


Der Irlender lauft darvon.


TRISTRANT der spricht.

So will ich mit dem trachen kempfen,[151]

Und wo ich möcht den selben dempffen,

Würd wir villeicht deß tods gefreit.

Ir geht zu schiff in mitler zeit.


Tristrant nimbt sein schilt, gehet ab.


CURNEFAL spricht.

Glück sey mit euch, o küner helt!

Villeicht seid ir zum streit erwelt

Mit leuten und den giffting wurmen,

Mit in zu kempffen und zu stürmen,

Das unzifer hinweck zu räumen.

HERTZOG THINAS spricht.

Nun wöllen wir uns auch nit saumen

Und widerumb zu schiffe gehn,

Weil so in grosser gfahr wir stehn,

Ob die Irlender uns uberfallen

Wolten, das wir doch vor in allen

Blieben mit gwerter handt unbschedigt.

Hoff zu Gott, wir werden erledigt.


Sie gehen beide ab.


HERR TRISTRANT kumbt mit dem tracken-kopff und spricht.

Ach, wie bin ich so müd und mat!

Der track mich lang umbtrieben hat.

Der war so groß und ungehewr

Und speit auß seinem rachen fewr,

Das er mich schier verbrennet het.

Gar kaumb ich im obsigen thet

Und in umbbracht nach heldes sitten.

Hab im sein haubet abgeschnitten,

Das ich mit trag zu eim warzeichen.

Ich will da gleich ein wenig verkeichen,

Mich zu dem brünnlein nider setzen,

Außruhen, mich ein klein ergetzen.


Er legt sich. Fraw Isald kumbt mit Peronis, ihrem kemerling, und Brangel, der hofjungkfrawen, und sie spricht.


Peronis, ich hab hören sagen,

Ein ritter hab den tracken erschlagen.

Wir wöln in suchen im wald hinden,

Ob wir den ritter möchten finden,[152]

Der uns vom tracken hat erlöst,

Der schier gantz Irland hat veröst.

PERONIS, DER KEMERLING.

Gnedige fraw, dort in den stauden

Hör ich ein menschen schlaffent schnauden.


Sie gehn zu im.


ISALD spricht.

Ich sich wol: der ritter ist schwach,

In hat verwundet hart der trach.

Wer mag nur der frembd ritter sein,

Der also kempfet hat allein?

Sein schilt ist sehr schwartz und verbrent,

Das man sein wappen nit mehr kent.

Brangel, so nimb den schilt und schwerdt!

Laß wecken uns den ritter wert!

TRISTRANT erwacht, spricht.

Wer will mir nemen hie mein weer?

ISALD spricht.

Steh auff, du küner ritter! hör!

Wir wöllen dir sein gar on schaden.

Wir wöllen dich salben und baden,

Das du kumbst wider zum kreften dein.

On sorg und forchte solt du sein.


Sie setzen Tristrant in ein sessel und salben in, er lacht und spricht.


Diß wird das weibßbild sein fürwar,

Von der kumbt das lang frawen-har.

ISALD, DES KÖNGS TOCHTER spricht.

Ich muß im wischen auch das schwerdt,

Wann es ist aller ehren wert.

ISALD zeucht sein schwerd auß, ersicht die scharten und misset das trum hinein; spricht zornig.

Ich merck: da bist herr Tristrant

Und hast erschlagen mit deiner handt

Morholdt, den lieben vettern mein.[153]

Das kost dir auch das leben dein.

Peronis, stoß das schwerd durch in!

HERR TRISTRANT spricht.

Gnedige fraw, darzu ich bin

Von Morholdt, ewrem vettern, genöt.

Er het sonst selbert mich getödt.

Es ist in freiem kampff geschehen.

Keins argen thu ich mich versehen

Derhalben hie bey ewren gnaden.

PERONIS, DER KEMERLING.

Weil der ritter so merckling schaden

Uns hat gewent in unserm reich

An disem trachen grausamleich,

Mit gfar seins leibs erledigt gut-willig,

So wer es unrecht und unbillich,

Das man in straffen solt am leben.

BRANGEL, DIE HOFJUNGKFRAW.

Ja, billig thut ir im vergeben,

Dieweil köngkliche mayestat

Hat außgeschrieben ein mandat,

Wer dem trachen neme sein leben,

Dem wöll der könig sein tochter geben.

Dem selben muß man kumen nach.

ISALD, DES KÖNIGS TOCHTER.

Nun, so laß fallen ich die rach.

Nun wöllen wir hinein die stat,

Dem könig anzeigen die that,

So sich mit glück verloffen hat.


Sie gehen alle auß.


Quelle:
Hans Sachs. Band 12, Tübingen 1870–1908, S. 148-154.
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