Actus 3.

[154] DER KÖNIG WILHELM AUSS IRLANDT geht ein, setzt sich und spricht.

Ihr lieben getrewen, es ist die sag,

Wie ein ritter den gestring tag[154]

Erschlagen hab den grossen trachen.

Den ritter bringt vor allen sachen,

Das wir im unser tochter geben!


Tristrant geht ein mit den seinen.


PERONIS, DER KEMERLING spricht.

Da kombt der ritter selbert eben

Mit seim hofgsind, der das hat than.

KÖNIG WILHELM spricht.

Hie sag du uns die warheit an!

Hast du den grossen trachen erschlagen?

HERR TRISTRANT spricht.

Durchleuchtiger köng, hie thu ich tragen

Mit mir deß todten trachen haubt.

Derhalb mir billig wird gelaubt.

DER KÖNIG schaut das trachen-haubt unnd spricht.

Begerst du auch der tochter mein?

Die soll der lohn deins kempfens sein.

Da geht sie auch gleich eben her.


Fraw Isald kumbt mit Brangel, ihrer hofjungkfraw.


HERR TRISTRANT sicht sie an und spricht.

Ja, von hertzen ich ihr beger.

Doch bin ich ihr zu schlecht am adel.

Das sie an dem auch hab kein zadel,

So will ich sie nemen zu handt

Köng Marxen in curnewelsch landt,

Meim vettern, mit dem warhaft ihr

Seit bas versehen, denn mit mir,

Mit köngklich gmahel sunderlich.

KÖNIG WILHELM AUSS IRLANDT.

Nun, weils Gott schickt so wunderlich,

Soll die feindschaft sein tod und ab,

Die ich im lang getragen hab.

Soll mir nun zu eim eiden gfallen.[155]

Nun wöll wir uns schicken vor allen

Die braut aufs baldst auf die heimfart.

Isald, mein tochter schön und zart,

Wilt mit in curnewelisch landt?

ISALD, DES KÖNIGS TOCHTER.

Mein herr vatter, es wer ein schandt,

Das ich deim willen widersprech.

Ach, was du wilt, dasselb geschech!

Nie anderst so hab ich begert,

Dieweil ich hab gelebt auff erdt.

KÖNIG WILHELM IN IRLANDT.

Nun wöll wir als verordnen frey,

Was zu der hinfart notturft sey,

Auch zu der köngklichen hochzeit

In curnewellisch landen weit.


Sie gehen alle ab.


DIE KÖNIGIN HILDEGART kumbt mit dem bultranck, gibt es der Brangel, ihr hofjungkfrawen, unnd spricht.

Brangel, diß bultranck behalt du!

Das ist mit kunst bereitet zu.

Das hat die kraft: wenn es selbander

Zwo person trincken mit einander,

So müsens einander haben lieb

Vier jar lang so in starcken trieb;

Das eins on das ander kein tag

Beleiben oder leben mag.

Schaw! das tranck gieb zu trincken du

König Marxen und auch darzu

Isalden an der hochzeit-nacht,

Wenn mans zulegt mit grossem bracht!

Mitler zeit halt das tranck verborgen!

BRANGEL, DIE HOFJUNGKFRAW nimbt das fleschlein und spricht.

Ich will das tranck fleissig versorgen,

Weil ich mein sin und vernunft hab.

HILDEGART, DIE ALT KÖNIGIN.

Nun, ietzund wert ir faren ab.

Laß dir mein Isald bevolhen sein,[156]

Weil sie ist in der frembd allein!

Funftzig ducaten hab dir zur schenck

Und sey meiner tochter ingedenck!

Sey ir getrew, als ich dir traw!

BRANGEL, DIE HOFJUNGKFRAW nimbt die ducaten und spricht.

Ach, durchleuchtig gnedige fraw,

Ich danck ewr gnadenreiche schenck.

Ewr gnad nit anderst von mir denck,

Denn aller trew und alles guts!

DIE ALT KÖNIGIN spricht.

Nun, Gott halt euch alle in schutz!

Ich will mit nauß, das glaidt euch geben.

Das schiff ist zubereitet eben.


Sie gehen beide auß. Herr Tristrant und Isald kumen.


TRISTRANT spricht.

Nun fahrn wir dahin auff der see.

O wie thut mir der durst so weh,

Weil so uber-heiß scheint die sunn!

ISALD, DIE BRAWT spricht.

Kein grösern durst ich auch nie gwun.

Ich glaub auch, es mach die groß hitz.

O hetten wir zu trincken ietz!

HERR TRISTRANT.

Ich weis: zu trincken hat kein mangel.

In einem fläschlein hat die Brangel

In irem watsack; das muß sein

Der aller-beste plancken-wein.

Das hab ich gnumen euch und mir.

Damit wöllen uns trencken wir.


Herr Tristrant trinckt und gibt es Isalden, die trincket auch.


TRISTRANT spricht.

Was ist das gewest für ein wein?

Wie springt und tobt das hertze mein?

Mein gmüt ist in gantzer unrhu

Und setzt mir lenger herter zu.[157]

Ich bin mit schmertzen gros umbfangen,

Samb hab ein pfeil mein hertz durchgangen.

ISALD spricht.

Es ist mir warlich auch nit recht.

Mein hertz jamert und seuftzet schlecht

Und all mein kreft thun sich bewegen.

Ich will ein weil zu rhu mich legen.


Isald gehet auß.


HERR TRISTRANT spricht.

Ich will auch gehn in mein gemach,

Bin gleich vor lieb und senen schwach.


Herr Tristrant gehet ab. Curnefal und Brangel gehen ein.


CURNEFAL spricht.

Ach Brangel, herr Tristrant ist kranck

Und gibet die schuld dem getranck.

Er ligt und seuftzet imerzu.

Ißt noch trinckt nit, hat gar kein rhu.

Ich weis gar nit, was im gebricht.

BRANGEL, DIE HOFJUNGKFRAW.

Mein Curnefal, sag! weist du nicht,

Was für ein tranck er trucken hat?

Umb Isald es auch ubel stat.

Die ist auch dergleichen kranck.

Was habens truncken für ein tranck?

CURNEFAL, sein hofmeister.

Herr Tristrant sagt nach meim geduncken,

Hab auß eim silbern fleschlein truncken,

Das hat er im watsack genumen.

Nit weis ich, wies darein ist kumen.

Von dem tranck sind sie beide kranck.

BRANGEL schlecht ir hendt zusamen ob dem kopff und spricht.

So habens truncken das bultranck.

Weh mir und weh in imerdar!

Nun müssen sie vier gantzer jar

Einander liebhaben allein

Und keins kan an das ander sein.[158]

Wir müssens zamen lassen beide,

Es treff gleich an ehr oder eide.

Sunst müssen sie beide verderben,

In heiser brunst der liebe sterben.

Sunst ist da weder hilff noch rat.

CURNEFAL spricht.

Brangel, wenn es die meinung hat,

Ist besser, ir ehr zu begeben,

Denn zu verliern ir beider leben.

Auß zwey bösn (diß sprichwort erzeln)

Muß man das minder böß erweln.

So müß wir sie halt lasen zsamen

Und uns lenger nicht darmit saumen,

Ihr lieb zu öffnen und zu büsen.

BRANGEL, DIE HOFJUNGKFRAW.

Ich will sagn, Isald laß in grüssen,

Das Tristrant kumb in ir gemach.

Isald sey seinthalb etwas schwach.


Sie gehen beide ab.


BRANGEL geht wider ein, redt mit ir selber und spricht.

Ich bin schuldig an diesem stück,

Auß dem mag noch gros ungelück

Kumen hernach on unterlaß.

Ach, ich solt habn verwaret baß

Das bultranck! wie wird es mir gan?

Ach, wie wird denn die braut bestan

Bey königklicher mayestat,

Wenn sie ir ehr verschertzet hat?

Nun morgen man zu-lenden sol

Bey der haubtstat Thintariol.

Villeicht wird es geraten wol.


Brangel geht ab.


Quelle:
Hans Sachs. Band 12, Tübingen 1870–1908, S. 154-159.
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