Actus 4.

[159] KÖNIG MARX geht ein, setzt sich und spricht.[159]

Mich thut nach herr Tristrant verlangen.

Es sind fast sechs monat vergangen,

Das ich seit her in dieser frist

Nit weis, wo er hin kumen ist,

Ob er tod oder lebent sey.

Dort eilet ein bostbot herbey.

DER BOSTBOT kumbt, neigt sich und spricht.

Großmechtiger köng, herr Tristrant

Ist ietzund gefaren an lant

Mit sambt der königklichen brawt,

Die ewren gnaden ist vertrawt.

KÖNIG MARX.

So last uns bald entgegen reiten!

DER BOSTBOST.

Ihr müst es haben thon eh zeiten.

Hie gehn schon herauff auff den sal

Sambt allem adel uberal.

HERR TRISTRANT geht ein, spricht.

Herr könig und herr vetter mein,

Hie bring ich den gemahel dein

Deß königs tochter auß Irland,

Die ich mit helden-teurer hand

Erfochten hab mit einem trachen,

Der fewr speiet auß seim rachen.

Sie ist die außerwelte zwar,

Von welcher du das frawen-har

Gefunden hast im zanck der schwalben.

Auch hab ich frid gmacht allenthalben

Dir und dem könig in Irland.

KÖNIG MARX beut ihm die hand und spricht.

Hab danck, mein herr vetter Tristrant!

Solchs solt du dein lebtag geniessen.

Nun wöll wir auch mit rat beschliessen,

Zu halten die köngklich hochzeit imer.


Da geht fraw Isald ein mit ihrer hofjungkfrawen Brangel.


HERR TRISTRANT spricht.[160]

Da kumbt das köngklich frawenzimer.

Entpfacht die edlen schönen brawt,

Welche dir ehlich ist vertrawt!

KÖNIG MARX geht ihr entgegen, umbfächt sie und spricht.

Seit mir zu tausent mal wilkumb

In das curnewelsch königthumb!

Darinn solt ir mein gmahel sein

Und ein gwaltige königein.

FRAW ISALD, DIE BRAUT.

Durchleuchtiger könig großmechtig,

Bit, wölt im besten sein gedechtig,

Mich zu eim gmahel nemen on

Und auff-setzen des reiches kron.

KÖNIG MARX setzt ihr die kron auff unnd spricht.

Nun wöll wir auff den köngling sal

Mit allem adel uberal.

Du, Tristrant, richt an ein thurnier

Und rennen auff die hochzeit schier!

So wöllen wir nach rat der alten

Ein königkliche hochzeit halten.


Sie gehen alle ab.


HERTZOG AUCTRAT gehet ein mit graff Rudolff und graff Wolffen und Auctrat spricht.

Ich merck wol, das bald herr Tristrant

Den adel wird einthon im landt.

Sacht ihr nit, wie groß er sich macht

Auff der hochzeit und uns veracht,

Als ob wir all stalbuben wern?

Ich wolt dennoch auch wissen gern,

Ob der könig in diesem allen

Het ein vergunst und wolgefallen.

Die köngin will herr Tristrant wol.

GRAFF RUDOLFF spricht.

Wenn ich die warheit sagen sol,

So düncket mich, die königin

Die hab von hertzen lieber in,

Denn den könig bey gschworem eide.[161]

GRAFF WOLFF spricht.

Sie hetten warlich nechten beide

In dem sal ein heimlich gesprech.

Ich thete nur, samb ichs nit sech.

Zu letz er die köngin umbfing.

Hab lang auch gemerckt andre ding

Von in, von freundtlich wincken und blicken;

Hat sich aber nie wöllen schicken,

Das ich euch het gesagt darvon.

Rat nun, wie solchem sey zu thon!

HERTZOG AUCTRAT spricht.

Ich riet, wenn wir westen ein grund,

Das wirs theten dem könig kund.

Als-denn er in vom hoff vertrieb.

GRAFF RUDOLFF.

Da kumbt der köng; ist es euch lieb,

So will ich im das zeigen an.

GRAFF WOLFF.

Ja, Rudolff! du magst es wol than.

KÖNIG MARX kombt, spricht.

Was ist der ratschlag bey euch dreyen?

GRAFF RUDOLFF.

Ewr mayestat wöll uns verzeien!

Ein ding zimbt uns nit zu verschweigen,

Dörffen doch das nit wol anzeigen.

KÖNIG MARX.

Ja, zeigt mirs an, sey was es sey!

GRAFF WOLFF.

Da dünckt uns warlich alle drey,

Herr Tristrant bul mit der köngin.

KÖNIG MARX.

O das nembt nicht in ewren sin,[162]

Das mir Tristrant ein solichs thu!

HERTZOG AUCTRAT.

Herr könig, schaut fleissiger zu!

Uns thut ie ein solches beduncken.

KÖNIG MARX.

Schweigt nur! thut nichts mehr darvon muncken,

Bey meinr unhuld und mein ungnaden!

Wölt ir solch böß gschrey auff in laden?

Er ist mir lieber, wenn ir all.

Darumb so trett ab von mir ball!


Die drey treten ab.


KÖNIG MARX rett mit im selber unnd spricht.

Wer weis, ob sie unschuldig sind?

Die lieb macht oft ein weisen blind.

Dort kombt fraw Isald und Tristrant,

Führen einander bey der hand.

Ich will mich in den winckel stelln,

Schawen, was sie außrichten wöln.


Tristrant und Isald kumen und umbfahen einander.


KÖNIG MARX spricht.

Tristrant, ist das die freundtschaft dein,

Das du bulst mit der königein?

Das ich nit het gelaubt fürwar,

Ietzund sich ich das offenbar.

Und wenn ich nit schont meiner ehr,

So würd ich dein nit schewen mehr.

Bald heb dich von dem hofe mein

Und kumb mir nimermehr herein!


Tristrant geht trawrig ab, dergleich schleicht Isald ab.


KÖNIG MARX redt mit im selber unnd spricht.

Erst hebet sich mein unrhu an,

Weil ich solichs gesehen han.

Ergreiff ich in mehr ob den bossen,

So will ich mein schwerd durch in stossen.


Der könig geht zornig ab.


HERR TRISTRANT gehet ein unnd spricht.[163]

O du wanckel, unstätes glück,

Wie kerst du mir so bald den rück?

Soll scheiden ich von der köngin,

So wird ich beraubt meiner sin.

BRANGEL, DIE HOFFJUNGKFRAW kombt und spricht.

Herr Tristrant, die köngin euch bit,

Ihr solt heint kumen und lassen nit

Hinden an pallast in dem garten

Und bey der linden ihr da warten

Und ein span legen in den bach,

Wellicher rint durch ihr gemach.

So will sie raus kumen zu euch,

Mit euch reden on alle scheuch,

Wie ir euch weiter halten solt.

Wenn ir vom hoff abscheiden wolt,

Vor nit zu ir kombt auff ir werben,

So wird sie gwiß vor leid auch sterben,

Wann sie ist gar von hertzen kranck.

HERR TRISTRANT spricht.

Mein hertz litt nie so grossen zwanck,

So innigklich und bitter leiden.

Ach, das ich soll vom hoff abscheiden!

Sagt der köngin mein freundling gruß!

Ich komb, bin doch nit wol zu fuß.


Brangel und Tristrant gehen ab. Die drey neidigen klaffer kumen und.


AUCTRAT spricht.

Nun hab wir in vom hoff gebissen.

Noch künnen wir kein grund nit wissen,

Ob er hab bult die königin.

GRAFF RUDOLFF.

Darmit ich gleich im zweiffel bin.

Einer sagt diß, der ander das.

GRAFF WOLFF.

Glaub nit, das daran sey etwas.

Da kombt geleich her von dem berg

Der künstlich abenteurisch zwerg,[164]

Der kan an dem gestiren sehen

Als, was nur heimlich thut geschehen.


Der zwerg kumbt hinein.


HERTZOG AUCTRAT spricht.

Hör, zwerg! durch dein astronomey

Sag uns, ob nit treib bulerey

Herr Tristrant mit der königin!

Iedoch sag die warheit darin!

DER ZWERG schaut an das gestirn unnd auch an sein spera unnd spricht.

Beim tag ligt herr Tristrant sam kranck,

Thut doch fast all nacht einen gang

Zu der köngin in den baumgarten

Und thut ir bey der linden warten.

Da kombt sie zu im alle-wegen,

Da sie beide der liebe pflegen.

Wenns nit war ist, was ich euch sag,

On gnad man mir das haubt abschlag!

AUCTRAT spricht.

Wie riet ir, wenn solliche wort

Der könig von dem zwerglein hort?

Thet, gleich samb er ans jaid wolt reiten

Und fügt sich bey nächtlichen zeiten

Mit dem zwerglein auff die grün linden?

Da würd der könig den grund finden.

Denn würd die sach von statten gan.

GRAFF RUDOLFF.

Nit gschickter künd wirs greiffen an,

Denn wie ir ietzund habt gesagt,

Weil on das oft der könig jagt

Und ist oft sunst auß uber nacht.

Derhalb die sach getrost anfacht!


Sie gehen alle drey ab.


DER KÖNIG MARX kumbt mit dem zwergen und spricht.

Da laß uns steigen auff die linden,

Den rechten grund der sach zu finden!


[165] Sie steigen beid auff den baum.


HERR TRISTRANT kombt, redt mit im selber und spricht.

Da will ich in den baumgarten,

Der königin Isalden warten.

HERR TRISTRANT legt den span mit dem roten creutz in Brunnbach und sieht den schaten der zweier auff der linden und spricht.

Ach Gott, da sich ich an dem schaten,

Das wir sind verkauft und verraten.

Uns ist bestelt ein heimlich hut.

O, das es west die zart und gut!


Isald, die königin, kumbt. Tristrant zeigt ihr auff den schatten der zweier auff dem baum, sie mercket das und spricht.


Tristrant, was schickst du nein nach mir?

HERR TRISTRANT spricht.

Gnedige fraw, ich wolt, das ir,

Dieweil und ir wist mein unschuld,

Mir bey dem könig würbt umb huld.

Das ist mein unterthenig bit.

ISALD, DIE KÖNIGIN spricht.

Tristrant, dasselb thu ich gar nit.

Will mit dir ungemüet sein,

Weil du mir bey dem herren mein

Hast zu-gericht ein böse eh

Der bulerey halb. Ich gesteh,

Das ich dich lieb hab ghabt lang zeit

In züchten und in erbarkeit,

Weil du deß königs blutfreund bist

Und im biß her auch alle frist

Der trewest diener bist gewesen,

Für alle ander außerlesen.

Weils aber mir verletzt mein ehr,

So acht ich dein gar nichtsen mehr.

Du bist mir lieber weit von mir,

Weil ich hab solche schand von dir,

Weil ich doch deß als bin unschuldig.[166]

HERR TRISTRANT spricht.

Ach, günstige fraw, seit gedultig

Und bit könig Marxen für mich,

Das im wie vor müg dienen ich

Zu hoff, weil ich unschuldig bin!

ISALD, DIE KÖNIGIN spricht.

Ich thu sein nicht; drumb zeuch nur hin!

Khemst du ghen hoff heut oder morgen,

Brechtn uns die klaffer wider in sorgen.

Deß will ich nit gewertig sein.

Drumb zeuch nur hin und wart deß dein!


Isald, die königin, geht ab.


HERR TRISTRANT spricht.

Ach herr Gott, laß dich deß erbarmen!

Wie gros unrecht geschieht mir armen!

Muß ich ziehen mit schänden ab,

Der ich so treulich dienet hab,

Gewaget oft mein leib und leben?

Wie schlechter lohn wird mir ietz geben!

Nun ich will in Britania

Zu könig Artus reitten da.


Herr Tristrant gehet auch ab. König Marx zuckt sein schwerdt, den zwerg zu erstechen. Der entlauft ihm.


KÖNIG MARX spricht.

Ach du verfluchte creatur,

Hast angericht solche auffrur

Zwischen mir und dem vetter mein

Und auch der zarten könnigein,

Die doch beide unschuldig sind,

Als ich den rechten grund hie find!

Het ich dich, die schmach wolt ich rechen,

Mein schwerd durch dein leib außstechen.

Nun muß ich schauen vor allen dingen,

Herr Tristrant wider gehn hoff bringen.

Ich hoff, mir soll daran gelingen.


Der könig steckt sein schwerd ein unnd gehet ab zornig.


Quelle:
Hans Sachs. Band 12, Tübingen 1870–1908, S. 159-167.
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