Actus 6.

[174] HERR TRISTRANT gehet ein mit Curnefal und spricht.

Weil mir nun curnewelisch landt

Verbotten ist, das thut mir ant.

Wohn in Careches, dem königreich,

Sensüchtig und elentikleich.

Dieweil ich hab ie in der neben

Mein Isalden nit hab gesehen,

Hab nun ein andre Isalden funden,

Zu der ich mit eh bin verbunden.

Doch geht ir lieb mir nit zu hertzen,

Als der ersten, mit schimpf und schertzen.

Derhalb will ich es dapfer wagen

Und sie sehen in kurtzen tagen.

Ich und mein lieber Curnefal

Wölln uns verkleiden abermal,[174]

Wie Jacobsbrüder unerkant,

Ziehen in curnewelsche landt.

Curnefal, was redts du darzu?

CURNEFAL, SEIN HOFFMEISTER.

Ach, mein herr Tristrant, bleibt mit rhu!

Ihr secht, das euch das ungelück

Hat zu-gesetzt in manchem stück.

Wann ir solt halt mit diesen dingen

Euch und sie umb das leben bringen.

HERR TRISTRANT spricht.

Ich muß sehen die liebsten mein.

Mach dich nur auff! es muß ie sein.


Sie gehen beide ab.


ISALD, DIE KÖNIGIN gehet ein unnd spricht.

Ach Gott, wo ist ietz mein Tristrant?

Weil im versaget ist das landt.

Wie soll er halt so traurig sein,

Das er sich muß verwegen mein?

HERTZOG THINAS kumbt, spricht.

Gnedige fraw, es ist nit weit

Herr Tristrant von euch diese zeit.

Auff meim schloß zu warzeichen ich bring

Euch von im diesen gülden ring

Und lest euch bitten mit dem bschaid,

Ir wölt beim könig ein gejaid

Bitten, zu haltn in Planckenlant.

Dahin wird komen herr Tristrant.

Alda mögt ir wol zsamen kumen.

ISALD, DIE KÖNIGIN spricht.

Nie lieber mär hab ich vernumen.

Ich will nit feyern in den dingen,

Solchs vom könig zu wegen bringen.

Geht! sagt im mein freundlichen grüß!

Gott in vor laid behalten muß.


Sie gehen beide ab.


KÖNIG MARX gehet ein, spricht.

Heroldt, geh! heiß die garen stellen[175]

Und auch die jäger-hörner schellen!

Wir wöllen hinauß an das jaid

Gehn Planckenlandt nach dem bescheid.

Und heiß sich auch das frawenzimer

Zurüsten auff das waidwerck imer,

Wie die köngin gebotten hat!

Heiß sie auff sein, wann es ist spat!


Sie gehen alle ab. Herr Tristrant unnd Curnefal kumen, wie Jacobs-brüder bekleid.


TRISTRANT spricht.

Nun wöllen wir wider darvon.

Mein hertz ich nun erquicket hon

Mit meiner außerwelten zarten.

Nit lenger wöllen wir hie warten,

Wann als ich für den adel gieng

Und mein hut für die augen hieng,

Theten sie die köpff zsamen stosen.

Ich het schier gelegt einen blosen.

Wenn man mich kent, würd angesagt

Beim könig, so würd uns nach jagt.

Ich müst sterben, würd ich ergriffen.

Darumb so wöllen wir heim schiffen.

Will mein leib da nit lenger wagen.

Ich weiß: man wird uns bald nach-jagen.


Sie gehen beid eilend ab. Cainis und herr Tristrant gehen ein.


CAINIS spricht.

Mein hertzlieber schwager Tristrant,

Der du mit ritterlicher handt

Mein landt wider erobert hast,

Der du am sturm mit uberlast

Warst hart geworffen auff dein haubt,

Bist dardurch schön und kraft beraubt.

Das kümert mich im hertzen sehr.

HERR TRISTRANT spricht.

Mein Cainis, mich kümert mehr,

Das ich Isald, meiner köngin,

Nun forthin gar beraubet bin,

Wann umb sie ist so groß die hut,

Das ich lengst het bezalt mit blut,[176]

Wer mir mein grosse listigkeit,

Darmit ich mich errett allzeit,

Da man mir stellt mit den wolfseisen

Und sie mir thet mein bracken weisen.

Wie du weist auch, gar heimeleich

Klait wir uns den spileuten gleich.

Mancher gstalt verkleit ich mich zwar,

Noch wurd ich all mal offenbar.

Auß ist mein hoffnung ie und ie.

CAINIS, SEIN SCHWAGER.

Tristrant, vor kunst dus besser nie.

Sich hat verkert deins angsichts furm

Von dem steinwurff dort an dem sturm.

Auch ist dein gelb kraus har abgschorn

Gleich einem natürlichen thorn.

Hest du ein narren-kappen an,

So werst unerkant iederman.

Du möchst woll enden noch ein that.

HERR TRISTRANT spricht.

Ja, ich will folgen deinem rat,

Heimlich anlegen ein narrenkappen,

Gleich einem unsinnigen lappen

Mit worten und wercken gebarn,

Also in curnewelsch landt farn.

CAINIS, SEIN SCHWAGER.

So wünsch ich dir zu diesem stück

Und der schiffart heil und gelück.


Sie gehen beide ab.


KÖNIG MARX geht ein mit der königin Isalden, spricht.

Fraw köngin, ich wird raisen hin.

Sey du ein weil fein leichter sin!

Uber drey tag mein wider harr.


Der könig beut ihr die handt.


DER EHRNHOLDT kombt und spricht.

Herr köng, ein visirlicher narr[177]

Ist daus; soll ich in lassen rein?

ISALD, DIE KÖNGIN.

Ja, laß uns mit im frölich sein!


Herr Tristrant geht ein in narrenkleidern; der könig spricht.


Jecklein narr, was thust uns sagen?

DER NARR spricht.

Künig, hast du kein hund zu schlagen?

Ey, nit thu mir an ohren greiffen!

KÖNIG MARX.

Jecklein, thu ein tantz mir pfeiffen!

DER NARR spricht.

Es ist mir die pfeiff in dreck gfallen.

KÖNIG MARX.

Das solt verbeissen hie vor allen

Herren, die da bey mir stehn.

DER NARR spricht.

Beiß du, könig! ich hab böß zeen.

KÖNIG MARX.

Ich muß reitten, kan nicht mehr harren.

Du hab dein kurtzweil mit dem narren,

Biß das ich hernach wider kumb!

DER NARR spricht.

Ins maul, mein könig! sprich: umbumb!


Der könig geht ab mit seinem gesind.


DER NARR sicht im nach unnd spricht.

Wie steht dir dein rock hindn so wol!

Köngin, wirst du nit freuden vol,

Wenn ich ein lied vom Tristrant sing?

DIE KÖNIGIN spricht.

Auff erd hört ich kein lieber ding.[178]

Kanst etwas singen vom Tristrant?

DER NARR zeigt ihr den ring unnd spricht.

Kenst du den ring an meiner handt?

DIE KÖNIGIN schaut den ring, zeucht ihm die kappen ein wenig vom angsicht, kent unnd umbfecht in, spricht.

Sey mir zu tausent mal wilkumb,

Tristrant, mein ritter trew und frumb!

Hertzlieb, du halbtheil meiner seel!

Wagst du dich her in todes quel

So weit umb meiner liebe willen?

HERR TRISTRANT, DER NARR.

Ich kan weder zemen noch stillen

Mein lieb, du aller-höchster schatz!

Ich förcht allein der klaffer schwatz,

Ich khem sonst noch öfter zu dir.

ISALD, DIE KÖNIGIN spricht.

Halt dich nur still! so hoffen wir

Der gstalt ein zeit bleibn unvermert,

Von den klaffern gantz ungefert.

Brangel, bett im unter die stiegen.

Vor meiner kamer sol er liegen.


Sie gehen alle ab. Auctrat, Rudolff unnd Wolff gehn ein.


AUCTRAT spricht.

Ir herrn, wie dünckt euch umb den narren?

Er thut gar lang zu hoff verharren

In seiner nerrischen gebär.

Wie, wenn der narr Herr Tristrant wer?

Er ist ja stäts im frawenzimer.

GRAFF RUDOLFF spricht.

Es dunckt mich auch ie und imer,

Es sey kein recht geborner narr.


Graff Rudolff geht ab.


GRAFF WOLFF spricht.

Wie künd wir das erfaren harr?

Wir drey wöllen heint unterd stiegen[179]

In suchn, ob er im bett sey liegen.

Findt wir in nit im bett allein,

So wird er bey der köngin sein.

So ists Trißrant; so woll wir eben

In bey der königin auffheben.

Wenn er schleichet auß ihrer kamer,

Denn wöll wir in fahen alsamer

Und denn ins gfencknuß legen in.

Als-denn lest gewiß richten hin

Der könig, wenn er kumet wider.

GRAFF RUDOLF kumbt, spricht.

Die köngin bat sie gelegt nider

Und ist, der narr nit in seim bett.

Verziecht da! wenn er von ihr geht.

So platzt in an fornen und binden!

So wöll wir in fahen und binden.


Herr Tristrant gehet ein, und sie platzen in mit ungestümb an.


AUCTRAT spricht.

Du schalck, du must hie sein gefangen

Und an galgen werden gehangen.


Herr Tristrant reist sich von ihn, schlecht mit dem kolben unter sie, biß sie alle entlauffen.


TRISTRANT spricht.

Isald, Gott bhüt dir leib, seel und ehr!

Nun siehst mich in deim landt nit mehr.


Herr Tristrant geht ab mit seinem kolben, die drey klaffer kumen wider.


AUCTRAT spricht.

Alle drey sind wir worden geschlagen.

Doch dürff wir Tristrant nit verklagen.

Man würd uns halten für verzagt,

Das uns ein narr all drey hat jagt.

Wir wöllen sagen nichts darvon,

Sonder wöllen gleich alle thon,

Samb uns gebissen hab der hon.


Sie gehen alle drey ab.


Quelle:
Hans Sachs. Band 12, Tübingen 1870–1908, S. 174-180.
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