Der gut montag

[278] In dem rosenton Hans Sachsen.


9. october 1549.


1.

Eins montags frü zu bet ich lage,

gedacht: »heut ist guter montage,

da wil dem meister feiren ich.«

in dem entschlief ich senftiglich.

im schlaf erschien mir ein gesichte,

des inhalt ich mit kurz berichte:

Ich sach gar seltsamer moniere

ein wundergroßes starkes tiere,

das tet auf siben füßen gen,

im maul het es scharf eberzen,

sein bauch war als ein fudrig faße,

sein schwanz schebig und reudig wase.

Ich erschrak und floch hin von im.

da redt es mit menschlicher stim:

»fleuch nit! hast mich doch aus genaden

auf heut freundlich zu dir geladen,

wan ich der gute montag bin.

wolauf! ins wirtshaus mit mir hin!

zu andren gsellen, die dein warten

mit speis und trank, würfel und karten!«


2.

Ich sprach: »wie bist so stark und kreftig?«

der gut montag sprach: »ich bin scheftig

in merk und steten überal,

die hantwerksbursch mit überschwal

hab ich al unter meinem fanen,

dergleich hersch ich vil hantwerksmanen.«

Ich sprach: »wie hastu siben beine?«

er sprach: »mein gang ist gschwind, alleine[279]

kum allmal über siben tag;

oft man mich nit austreiben mag

hinein bis gar auf den mitwochen,

weder mit schelten noch mit bochen.«

Ich sprach: »wie hast so scharfe zen?«

er antwort: »wo ich ein tu gen,

vil ganzer beutel ich zerkiffel,

vil zank und hader ich antriffel,

vil ganzer karten ich zerreiß,

würfel und kegel auch zerbeiß;

ausbeiß ich mangen aus der state,

der erctags kein arbeit mer hate.«


3.

Ich sprach: »wie ist so groß dein bauche?«

er sprach: »o, das verschlint mein schlauche:

gelt, kleinat, kleider und hausrat,

den werkzeug oft samt der werkstat,

haus unde hof, ecker und wiesen

tut in meim bauch sich oft verliesen.«

Ich sprach: »wie ist deins schwanzes wadel

schebig und hat so manchen tadel?«

»mir gutem montag folget nach

ein böser samstag«, er do sprach:

»wer mein all wochen wartet ause,

dem nistet kein storch auf seim hause.

Ich guter montag mach tol köpf,

lere beutel und volle kröpf;

die hent verdroßen und studfaule

und dem meister ein henket maule;

mach manche werkstat ler und öd,

hosen und röck schitter und blöd.«

ich erwacht und dem traum nachsane,

stund auf, fieng zu arbeiten ane.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 278-280.
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