Das ander wunder

[210] Zum andern wundert mich besunder,

das hie zu Leipzg der predger orn

teglich verkaufet so vil korn,

das sie groß schetze samlen mit,

und ich hab doch kein münich nit

mein lebtag sehn gen acker farn,

schneiden noch dreschen bei mein jarn,[210]

samlen doch große schetz daraus

und haben allesamt durchaus

in dem orden die armut gschworn

und sint nun all meineidig worn,

tun nichts den schlafen, freßn und saufen

und terminiern, im lant umb laufen,

im chor metten und vesper singen;

von wann sie so vil treits herbringen,

das kan ich gar nit ausgerechen,

vor wunder wil mein bauch aufbrechen,

wo das treit nemen die fauln laurn.

mein Fritz hat etlich tausent baurn

in seim fürstentum hindn und vorn,

die all bauen weiz, kern und korn,

dinkl und habern, wie tut gebüren,

und all ir gilt gen hof nein füren

von seinem lande umb und um,

und hat doch kaum ein solche sum

von seinen kesten zu verkaufen,

nach dem er speist des hofgsints haufen.

das nimt mich ewig großes wunder.


Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Zweiter Theil: Spruchgedichte, Leipzig 1885, S. 210-211.
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