V, 21.

[117] Wilde Gebirgsschlucht.

Darin ein Bach, aus Spiegelglas gebildet.


FAUSTINE grau gekleidet, von einem Felsblock aufspringend.

O könnt' ich mir entflieh'n, die Spuren voll verlöschen,

Die meinem Hirn sich quälend eingedrückt!

Laß mich den letzten Halt zusammenböschen

Hier in der Einsamkeit aus dem, was all zerstückt

In meiner Seele ruht! – Es geht nicht an!

Kein sichernd Band umschlingt des Daseins Reste,

Seit mir entfloh vom Erdenglück das Beste.

Mir drohte der Zusammenbruch die Sinne zu verletzen,

Verwirrung wurde grinsend darin wach.

Ich sammle nun die rückgeblieb'nen Fetzen

Und bring' sie mühsam wieder unter Dach.

Wie trüb' doch blick' ich in der Schöpfung Weiten,

Auf denen Wehmuthsschleier sich verbreiten! –

Blieb' fern mir nur der unzulängliche Geselle,

Und spülte weg den Gram des Trostes Welle! –

Es rauschet in den Büschen. O wer stört

Die Stille der, die Menschen nicht begehrt![117]


Quelle:
Schäfer, Wilhelm: Faustine, der weibliche Faust. Tragödie in sechs Aufzügen nebst einem Vorspiel und Prolog, Zürich 1898, S. 117-118.
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