V, 25.

[121] Musarion tritt aus seinem Hause.


MUSARION singt.

»Ich bin kein Freund von Heftigkeit

Und wirke gern im Stillen.

Ein Mittel hab' ich schon bereit,

Zu scheuchen mir die Grillen:

In blaue Augen blick' ich ein;

Da werd' ich voll Vergnügen sein,[121]

Die schwarzen drin vergessen.

O Wonne unermessen!«

PRAKTINSKI der sich hinter einen Baum versteckt hat.

Der Sänger ahnt noch nicht, wie kurz sein Lebensfaden!

Ich schneide wie die Parze ihn entzwei.


Er stürzt hervor und sticht seinen Dolch Musarion in's Herz.


MUSARION.

Ich ende, und dem Gott der Gnaden

Empfehl' ich meine Seel'. Er sei

Mir Beistand. Gern noch hätt' ich fortgelebt!

Ich seh' vor mir der Unschuld zarte Taube,

Die über meinem Grab' sich hebt.

Doch unter ihr kriecht eine Raupe,

Zum Todtenkopf bestimmt. – Wem war

Zuviel ich auf der Welt? – Wer that mir das?

Ich krümmte keinem je ein Haar. –

Nur daß ein wenig viel verliebt ich war! –

Aus ist der Spaß!


Stirbt.


Quelle:
Schäfer, Wilhelm: Faustine, der weibliche Faust. Tragödie in sechs Aufzügen nebst einem Vorspiel und Prolog, Zürich 1898, S. 121-122.
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