V, 7.

[100] Praktinski tritt in gewöhnlicher Kleidung auf.


PRAKTINSKI.

Faustine such' ich, meine Schülerin!

Entschuldigt, daß so frei ich bin!

INNOCENTIA.

Er schneit herein, als wär's mein eig'ner Vetter.

PRAKTINSKI zu Faustine.

Hast du die Herzenssache ausgefochten,

Wozu ich dir den Leib gerüstet,

Die Gegnerin zerschmettert oder überlistet?

Seh'n will ich, was die Reize hier vermochten. –

Den Mann zwar hast du mürb' gemacht,

Das Jüngferlein doch nicht zur Ruh' gebracht.

Bei dem versagen uns're Mächte.[100]

FAUSTINE.

O daß ich sie zu Falle brächte!

PRAKTINSKI zu Faustine.

Laß dies für heute sein! Gebiet' dem innern Sturme!

Er bläht das Haus nicht um, so hoch er fährt.

Das Stürzen überlaß dem kleinen Wurme,

Der schädigend am Aufbau zehrt.

Langsam verrichtet die Zerstörungsarbeit er,

Doch sicher, ohne Ungefähr.

FAUSTINE.

So soll besiegt, beschämt von hier ich geh'n,

Verwundet in dem Eigenwillen?

PRAKTINSKI.

Ich geb' dir etwas, um das Blut zu stillen,

Und laß dich in die Zukunft seh'n,

Rasch weiter, ohne Umschau hier zu halten!

Ich mache Innocentia's Lieb' erkalten.


Praktinski und Faustine ab.


Quelle:
Schäfer, Wilhelm: Faustine, der weibliche Faust. Tragödie in sechs Aufzügen nebst einem Vorspiel und Prolog, Zürich 1898, S. 100-101.
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