V, 9.

[102] Der Nachbarin Hertha Gemach.


HERTHA.

Das Siebzigste ruht mir nun auf den Schultern:

Ein jeder Zuschlag drückt ja mehr.

Ich sehn' mich nach Erleicht'rung sehr.

Auch ohne Qualen zählt man zu den Duldern.

Gut, daß das junge, frische Blut

Mich hie und da voll Lust besucht!

Da schöpf' ich neue Kraft und Muth.

Ein Pöstchen Alter wird dann abgebucht.

Ich hör' sie draußen auf der Treppe wandeln:

Jetzt giebt's von Lieb' und Leid zu handeln.


Quelle:
Schäfer, Wilhelm: Faustine, der weibliche Faust. Tragödie in sechs Aufzügen nebst einem Vorspiel und Prolog, Zürich 1898, S. 102.
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