7. Auftritt.

[56] Gollwitz. Paula. Friederike.


GOLLWITZ. Ich wollte mir die Freude machen, Euch abzuholen.

FRIEDERIKE kühl. Ich danke dir. Paula, geh' hinüber zu Marianne!

GOLLWITZ macht Paula lebhaft Zeichen, zu bleiben.

PAULA. Aber Mama, schickst du mich schon wieder fort, ich habe doch den Papa so lange nicht gehabt.

GOLLWITZ. Ja, wir haben uns so lange nicht gehabt. Hängt sich in Paula ein.[56]

FRIEDERIKE. Geh' jetzt nur, ich habe mit Papa zu sprechen.

PAULA im Abgehen. Der arme Papa! Ab.

GOLLWITZ beiseite. Jetzt geht es los.

FRIEDERIKE. Lieber Martin, du weißt wohl, daß ich eigentlich noch einige Erklärungen von dir zu fordern hätte.

GOLLWITZ unschuldig. Ja, Schatz, ich bin auch gern bereit –

FRIEDERIKE. Nein, bitte, ich verzichte. Ich bin überzeugt, daß du dir seither die schönsten Lügen ausgedacht haben wirst.

GOLLWITZ gekränkt. Aber Friederike!

FRIEDERIKE. Jetzt handelt es sich um etwas anderes. Ich brauche fünfhundert Mark und zwar sofort.

GOLLWITZ. Fünfhundert Mark!? Ja, willst du mir nicht erklären?

FRIEDERIKE. O nein, ich verlange ja auch keine Erklärungen von dir. Die Sache ist wichtig, ich muß das Geld haben.

GOLLWITZ. Aber wo soll ich es denn hernehmen?

FRIEDERIKE. Wenn du sonst keinen Rat weißt – geh' auf die Sparkasse –

GOLLWITZ erschrocken, für sich. Jetzt kommt es an den Tag.[57]

FRIEDERIKE. Dort liegen die zweitausend Mark für Paulas Ausstattung.

GOLLWITZ. Friederike, du willst das Geld angreifen?

FRIEDERIKE. Es muß sein, in einem Jahr wird es wieder ersetzt. Du wirst mir also morgen früh das Sparkassenbuch geben.

GOLLWITZ beiseite. Das habe ich ja gar nicht mehr.

FRIEDERIKE. Was sagst du?

GOLLWITZ stammelnd. Ich? Nichts!

FRIEDERIKE. Du bist ja auf einmal so verlegen. Gollwitz, solltest du vielleicht – –?

GOLLWITZ. Aber was fällt dir denn ein? Ich denke nur eben daran, daß du gar nicht bis morgen zu warten brauchst. Ich habe vorhin mein Gehalt behoben. – Da sind die 500 Mark. Sucht nervös in seiner Brieftasche, zieht eine Banknote hervor und macht dabei aus Versehen einen Riß in dieselbe. Ach mein Gott, nun hätte ich den Schein beinahe noch zerrissen. Einen Tintenfleck hat er ohnehin schon hier oben links am Rande.

FRIEDERIKE. Das macht nichts. Gib nur her!

GOLLWITZ beiseite, jammernd. Das war mein ganzes Geld und – morgen ist der Erste.


Quelle:
Franz und Paul von Schönthan: Der Raub der Sabinerinnen. Berlin 10[o.J.], S. 56-58.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Raub der Sabinerinnen
Der Raub der Sabinerinnen: Schwank in vier Akten