8.

[36] Von den Fürwörtern fehlt »dieser« und »jener« ganz; dagegen gelten wieder andere Bildungen; ungar = unser habe ich noch in meiner Kindheit gehört. – Das Geschlechtswort besteht aus zwey Stämmen, wovon der eine genau dem Nordischen inn entspricht. In betonter Rede heißt es jetzt noch: în andarn hob I gmoind = den andern habe ich gemeynt. – Das Zeitwort hat als Endung in gehobener Rede ma; z.B. es kindds gaiñ: miar drinkama = wir trinken.

Dieses Wenige mag genügen, die Meynung, für welche man bisher die Begründung schuldig geblieben ist, zu beseitigen, als wäre Altbayerisches auf Oberpfälzischem Boden heimisch und dort verderbt worden. Allerdings ist es schwer für ein fremdes Ohr, Oberpfälzische Mundart aufzufassen: schwerer noch ist es, sie sich anzueignen. Wie sollte ein Fremder zu einem richtigen Urtheile gelangen, wenn es dem Eingebornen nur nach langem, mühevollen Nachdenken gelingt, die Oberpfälzischen Laute sich zum Bewußtseyn zu bringen. Am sichersten zeigt sich die Verschiedenheit ähnlicher Laute in gehobener leidenschaftlicher Rede.

An einem anderen Orte wird mehr von der Mundart die Rede seyn. Ich halte sie für einen Zweig Gothischen Sprachstammes. Jedenfalls bietet sie in ihrer Abgeschiedenheit und ihrem Gegensatze zu anderen Deutschen Mundarten soviel des Interessanten, daß sie für Dialektforschung reicher Boden seyn muß.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 1, Augsburg 1857/58/59, S. 36.
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