15.

[330] Wir sehen also in gewissen Gegenden verschiedene Wesen, welche das Roß durch nächtlichen Ritt quälen; im N.-O. ist es das Schragerl, in S.-O. die Drud, im W. die Hexe, welche sich in dieses[330] Geschäft theilen. Dort ist überhaupt das elbische Wesen weiter ausgebildet und anders gestaltet, als in den übrigen Theilen der Oberpfalz. Hier sind es Frauen, welche den Zauber üben, und zwar östlich die Druden in strenger Scheidung von den Hexen, auf welche Letztere im Westen nahezu Alles zauberhafte Thun übertragen wird; Drud und Hexe fallen im Westen wie in anderer so auch in dieser Richtung zusammen. Gleichen Schritt damit hält auch die Verschiedenheit in der Mundart, zum Theil in den Gebräuchen, und es wäre sicher lohnend, einmal auf diese Abstufungen die Aufmerksamkeit zu richten; die Völkerkunde könnte dabey nur gewinnen, insbesondere auf dem Boden der Oberpfalz, wo auf kleinem Raume unzweifelhaft eine Mehrzahl verschiedener Stämme haust.

Das Wort Schragerl ist wie Heuschreck vom ahd. screccan = springen gebildet; mundartlich erweicht sich k vor l in g; so Bugl, Bugerl aus Buckel, Nigl aus Nickl; hervorstechender Zug bey geisterhaften Wesen ist das Aufspringen, Hugeln, Reiten; selbst der Teufel hat den Menschen geritten, welcher, sonst gut, in böser Stunde zu einem Vergehen sich hinreissen ließ. Graff hat: uualtscrechel = fauni, sylvestres homines.

Das Schragerl ist ursprünglich ein Hausgeist, und als solcher gutmütig; diese Eigenschaft liegt noch offen zu Tage, denn sein Erscheinen bringt Glück. Nicht zu verwechseln sind damit die Schrazeln oder Razeln, das gutartige, den Menschen hilfbereite Völkchen der unterirdischen Zwerge.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 1, Augsburg 1857/58/59, S. 330-331.
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