1001. Geisterjagd auf dem Paradeplatz.

[62] Mündlich.


Auf dem Paradeplatz zu Würzburg befanden sich vor Alters einige uralte Linden, unter deren weitverzweigten, künstlich ausgespreizten Aesten einst öffentlich Gericht gehalten wurde und zu gewissen Zeiten festliche Tänze von der jungen Bürgerschaft aufgeführt wurden. Jetzt ist der Paradeplatz nackt und kahl. Die Sage erzählt, daß sich in gewissen Nächten dort eine Geisterjagd zeige, indem der Geist eines Gerichtsschöppen, der einmal ein ungerechtes Urtel über zwei Angeklagte gefällt habe, von ihren Geistern verfolgt halbe Nächte lang im Umkreise herumgetrieben werde. Der Schöppe schaut alle drei Schritte um, und Einer seiner Verfolger hält ihm die Abschrift seines ungerechten Urtels vor. Vergeblich strengt er sich an, seine Verfolger los zu werden.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 62.
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