1009. Wolfgangskirchweih zu Ochsenfurt.

[71] J.B.Kestler Beschreib. von Ochsenfurt, S. 27.


Die Wolfgangs-Kirchweih, jetzt das Bratwurstfest genannt, am zweiten und dritten Pfingsttage war ursprünglich, und zwar seit dem Jahre 1464, eine bloß kirchliche Feier. Am dritten Pfingsttage brachten die Bauern des Gaues ihre Pferde zur Wolfgangs-Kapelle, ritten mit diesen dreimal um dieselbe und erhielten über sie von dem unter der Hauptthüre mit dem Aspersorium stehenden Priester den Segen, damit sie in diesem Jahre von Krankheiten und Unglück bewahrt bleiben möchten. Zum Anbinden der Pferde waren an der südöstlichen Seite des Kirchleins viele eiserne Ringe befestiget, und da die Pferde bei weitem nicht alle an das Kirchlein angebunden werden konnten, so waren auch außerhalb in der den Kirchhof umschließenden Mauer noch weit mehr Ringe angebracht. Als in neuerer Zeit die Sitte abgestellt wurde, kamen dennoch die Bauersleute heimlich dahin, und machten früh vor Tages-Anbruch mit ihren Pferden den Ritt um das Kirchlein. Noch in der neuesten Zeit war ein an der Wand des Kirchleins links am Seiten-Eingange befestigtes Brett sichtbar, woran unverkennbare Spuren ex voto angenagelter Hufeisen waren. Der Zusammenfluß von Andächtigen am Kirchweihtage zog auch Bäcker, Metzger, Wachszieher, Zuckerbäcker und Schenkwirthe herbei. Die einfache Labung artete jedoch aus, als die Metzger und die Wirthe sich mit ihren Weinschenken in das benachbarte Wäldchen zurückzogen, ihre Bratpfannen mit Würsten aufstellten und Wein verzapften. Seit einigen Jahren werden die Bratwürste nicht mehr in dem benachbarten Wäldchen des Kirchleins, sondern in der Stadt, in den sie umgebenden öffentlichen Gärten und Bierkellern, welche immer von Fremden und Einheimischen an jenem Tage stark besucht werden, bei dem Spiele von Musikchören verzehrt.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 71-72.
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