1024. Das Alpdrücken.

[81] Die vor. Schrift S. 303.


Zu Wechterswinkel im Kloster diente ein junger bildhübscher Knecht, den drückte oft das Alp, und wußte sich gar keinen Rath, dem Uebel abzuhelfen. So klagte er einem weisen Manne seine Noth, und der sagte ihm, es sei nichts leichter, als das Alp zu bannen, der Knecht solle nur, wenn es wieder drücke, herzhaft dahin greifen, wo er es fühle, und das[81] fest halten, was er fasse, und einsperren. Diesem Rath folgte der Knecht, und als das Alp ihm wieder heftig drückend auf der Brust lag, so griff er zu, und faßte – eine Flaumfeder. Obschon er nun nicht glauben konnte, daß diese leichte Feder ihn gedrückt, so war es ihm doch plötzlich federleicht zu Muthe, aller Druck war hinweg, er sprang aus dem Bette, und schloß die Feder in ein kleines Kästchen. Am andern Morgen ging ein Geschrei durch das ganze Kloster, es sei eine Nonne in ihrem Bett erstickt und also todt gefunden worden. Zufällig begegnete der Knecht dem weisen Mann, und erzählte ihm das mit der Flaumfeder, und auch als etwas Neues, daß eine Nonne erstickt sei. Da sprach jener Mann: »Um Gottes Willen, schließe deinen Kasten auf, und lasse die Feder fliegen!« Der Knecht that's und da flog die Feder gerade in die Zelle der gestorbenen Nonne, wo das Fenster offen stand, und zur Stunde wurde jene wieder lebendig. Der Knecht hatte nie wieder Alpdrücken.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 81-82.
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