1030. Legende vom heiligen Victor.

[86] Mündlich. Vgl. Sagenb. I., 200.


Die Bergkapelle zu St. Maria Magdalena bei Baunach ist die Ruhestätte des heiligen Viktor mit dem Zunamen Ueberkom, welchen Baunach im Leben als Mitbürger und nach dem Tode als Heiligen seit uralter Zeit verehrt. In der Kapelle befindet sich dessen Grab, und seine Geschichte ist auf einem Gemälde an der Wand dem Eingange gegenüber vorgestellt, in den Hauptzügen folgende. Viktor war von früher Jugend auf fromm und gottesfürchtig, und fuhr oft mit zwei Pferden nach Rom, auch nach Compostella. Im Alter kehrte er nach Hause zurück, verwendete sein erworbenes Vermögen nach Christi Lehre für die Armen, und entschlief mit dem Nachruhme der Heiligkeit. Als man ihn vor seinem Tode fragte, wo er sein Grab finden wolle, befahl er, seine Leiche von seinen Pferden ausfahren zu lassen, und wo diese stille stehen würden, ihn zu bestatten und darüber aus seinem Vermögen eine Kapelle zu Ehren der heiligen Maria Magdalena zu bauen. Dabei ereignete sich ein Wunder. Diejenigen, denen er den Vollzug seines letzten Willens aufgetragen, machten – vielleicht aus Vorwitz – den Anfang des Baues an einem andern Orte, als welchen die stillstehenden Pferde bezeichneten. Allein Alles, was während des Tages erbaut worden, ward in der Nacht von den Engeln[86] an die von den Pferden bezeichnete Stelle getragen. So befolgte man endlich den Willen des Verstorbenen und baute die Kapelle zu dem Grabe des heiligen Viktor. Hinter der gegenwärtigen Kapelle, auf der Fläche des Hügels steht heutiges Tages noch die steinerne Kanzel des zuerst begonnenen Kapellenbaues.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 86-87.
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