1057. Adalbert von Babenberg.

[111] Von K. Simrock. – Vgl. Sagenb. I., 203.


»Herr Adalbert von Babenberg, habt meiner Warnung Acht,

Ihr seid an Ludwigs Hofe, des Kindes, im Verdacht,

Sie zeihen euch der Mitschuld an seines Bruders Tod:

Wollt ihr nicht Gnade suchen, so wär' zu fliehen euch Noth.«


Er sprach: »Herr Bischof Hatto, des Königs edler Rath,

Ich weiß mich nicht schuldig so mörderischer That,

Auch trau ich dieser Veste; doch sucht ich Gnade gern,

Wenn Ihr darum mir würbet bei meinem König und Herrn.


Ihr seid des Reichs Verweser; so euer Wort mir bürgt,

Daß ihr mich heimgeleitet gesund und unerwürgt

Zu dieser starken Veste, so folg ich euch sogleich,

Meine Unschuld zu bewähren vor dem König und dem Reich.«
[111]

Der Bischof sprach: »Ich bürg euch, daß ihr in kurzer Zeit

Zu euerer Veste kehret in meinem Heimgeleit,

So könnt ihr nichts verlieren, gewinnen könnt ihr viel,

Des Königs Gunst und Gnade, die doch aller Wünsche Ziel.«


»Wohlan denn, wir reiten, wenn wir entbissen sind

Ein kurzes Mahl bereiten die Diener uns geschwind.«

»Es ist noch früh am Tage,« wandt' ihm der Bischof ein,

»Wir finden unterweges wohl zu Kaufe Brod und Wein.«


Da ritten diese Beiden; doch lange währt es nicht,

So wendet zu dem Grafen der Bischof sich und spricht:

»Wie oft wird erst verachtet, was man erwünscht zu spät,

So reut mich jetzo nüchtern, daß ich den Imbiß verschmäht.


Ich komme nicht zu Kräften, wird mir nicht Speis' und Trank.«

Da sprach der Graf mit Freuden: »Dem Himmel sag' ich Dank:

Nun darf ich doch euch pflegen als Gast in meinem Haus,

Noch ists zum Glück nicht ferne, bald soll euch laben der Schmaus.«


Da ritten sie zurücke und freuten sich des Mahls

Darauf zum Lager huben die Zwei sich abermals,

Als man den Babenberger da mit dem Mainzer sah,

Nun mögt ihr ungern hören, welch ein Greuel da geschah.


Man nahm ihn gleich gefangen und sprach das Haupt ihm ab;

Doch Schmeichelworte warens, die man dem Bischof gab,

Daß er ihn her beredet durch schlauer Worte Saat.

Als Adalbert das hörte, noch glaubt er nicht an Verrath.


Er sprach: »Mir gelobte der Bischof frei Geleit:

Sein Wort mir zu bewähren, das ist nun an der Zeit.« –

»Und bracht' ich dich,« sprach Hatto, »nicht wieder in dein Schloß;

Da wir zum Imbiß fuhren, mein kluger Reisegenoß?


Zum andernmal gelobt' ich das Heimgeleit dir nicht:

Drum geh nur mit den Häschern getrost zum Hochgericht.«

Er ging, mit welchen Wünschen, das meldet nicht das Lied,

Doch nahm kein gutes Ende, der so die Treue verrieth.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 111-112.
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