1070. Geister auf dem Waldstein.

[123] Mündlich.


Immer wirds dem unheimlich, der zu gewissen Zeiten allein auf dem Waldstein weilt. Ein Bauer von Zell erzählte, daß es einstmals, als er[123] Holz von droben herabgefahren, gar schauerlich gepfiffen habe, obwohl er sicher wußte, daß sich kein Menschenkind außer ihm in der Nähe befunden. Eine Frau graste unten am Burgwege, die sah plötzlich auf einem Felsen drei Männer stehen, welche riefen: Juhu! Juhu! – jeder zweimal, so daß sich die Frau arg entsetzte, heimlief und des Todes wurde. Wieder war eine andere Frau an der nördlichen Seite der Felsen mit Grasen beschäftigt, nach der wurde in einem fort geworfen, sie wußte nicht woher. Mit einem Male packt sie's in den Hüften, und preßt diese mit aller Gewalt zusammen. Wie sie sich nun umschaut, um dem vermeintlichen Flegel seinen groben Scherz zu verweisen, ist niemand zu sehen und zu hören.

Am übelsten geht es aber den Schatzgräbern dort. Haben sie ihre Kreise gemacht, so erscheinen Spuckgestalten und treiben die Frevler erschreckt von dannen. So erhob sich einmal plötzlich ein schallendes Getümmel im Burghofe, fünf bis sechs Hirsche kämpften gegeneinander und aus einer alten Schießscharte schaute gespenstisch ein Mönch herunter. Zugleich fuhr ein Sturmwind durch die Bäume, daß sich die ältesten Fichten zur Erde bogen. Da ließen die Goldsucher Alles im Stiche und liefen, was sie nur konnten. Andern sind auch völlig gewappnete Ritter begegnet.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 123-124.
Lizenz:
Kategorien: