1082. Sagen vom Schlosse Hofeck.

[131] Mündlich.


Folgt man von Hof aus dem Laufe der Saale, so gewahrt das Auge bald ein schmales Thal von einem kleinen Bache durchschnitten, an dessen Rande sich unter dunkeln Fichten, schlanken Birken und waldigem Grün eine Felsenkuppe überraschend emporhebt. Auf ihrer Fläche ruht die ehemalige Ritterburg Hofeck. Ihre Besitzer halfen um das Jahr 1080 die Stadt Hof erbauen und übernahmen wahrscheinlich später die Schirmvogtei der dortigen Klöster, denn ein zur Zeit verfallener unterirdischer Gang soll in das Franziskanerkloster zu Hof geführt haben. Im Jahre 1410 von denen zu Eger erstürmt und später von den Hussiten belagert, erhielt sich die Burg dennoch in ihrer ursprünglichen Gestalt; als aber die schützend umgebenden Wälder dem Beile der Kultur erlagen, vertauschte sie ihre alte Bestimmung einer Ritterveste mit der eines wohnlichen Schlosses. Der Burggraben wurde eingefüllt, die Thürme abgetragen, der Burghof überdacht, und so lassen nur ihre starken Mauern und ihre Lage den Zweck errathen, welchen sie sonst erfüllte.

Auch Hofeck hat seine Sagen, und im Volke erhielt sich manche Erinnerung der Art. So lebten daselbst zwei Besitzer, welche sich gegenseitig tödtlich haßten. Der eine bestach den Diener des andern, dieser verrieth seinen Herrn durch Anzünden eines Lichtes, worauf er von jenem im heimlichen Gemache meuchlings erschossen wurde. Die Thüre des Gemaches ist seit dieser Zeit zugemauert, das verrätherische Licht wollen viele zu nächtlicher Stunde gesehen haben. – Eine andere Sage lautet: Zu Ende des vorigen Jahrhunderts war Hofeck im Besitze eines edlen Herrn, der[131] seine meiste Zeit auf anderen ihm ebenfalls zugehörigen Besitzungen verbrachte. Er hatte keinen Sohn, aber zwei blühende Töchter. Wenn er sich nun zuweilen in Hofeck aufhielt, so hatte er bald die jüngere, bald die ältere Tochter zu seiner Begleiterin. Die ältere befand sich dort sehr wohl, während die jüngere in Beisein ihres Vaters von unsichtbaren Händen auf alle mögliche Weise gequält wurde, während sie doch aus Furcht vor der Strenge des Vaters ihrem Schmerze keine Worte leihen durfte. Diese immerwährenden Neckereien hatten die Folge, daß nach dem Tode des Vaters die jüngere Schwester der älteren das Gut überließ. Von diesem Augenblicke an hörten die Neckereien auf. Obgleich sie sich später noch öfter auf dem Schlosse aufhielt, wurde sie doch nicht weiter beunruhigt. – Unter den Dorfbewohnern erhielt sich der Glaube, ein schwarzer Pudel umkreise nächtlich die Fluren des Schlosses.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 131-132.
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