1088. Herrgottssteine im Fichtelgebirge.

[135] Mündlich.


Auf einem Hügel bei Marktleuthen ist auch einer der sogenannten Christus- oder Herrgottssteine, deren es mehrere im Fichtelgebirge gibt. Er hat auch, wie die übrigen, eine Aushöhlung auf der einen Seite, wie ein in Schnee gedrückter bequemer Sitz. Auch auf diesem soll unser Heiland gesessen haben. Auf der entgegengesetzten Seite befindet sich ebenfalls eine, jedoch nicht so bequeme Höhlung, worin zu gleicher Zeit mit dem Heilande der Teufel saß. Wir freuen uns, daß der Herr dem Teufel den Rücken gekehrt, und dieser recht unbequem gesessen hat. Der Hügel heißt Kappel, weil dort früher die St. Wolfgangskapelle stand; dort ist der Augenbrunnen, eine Quelle, die auf alten Karten angegeben ist, und noch jetzt bis in weite Ferne bei Augenkrankheiten für besonders heilsam gehalten wird. Alle Herrgottssteine haben im Glauben des Volks wohlthätige, heilsame Kraft. Zum Herrgottssteine bei Selb kommen noch zuweilen Katholiken, um ihre Andacht zu verrichten. Man wollte ihn schon öfter um schweres Geld kaufen. Einmal soll er auch wirklich verkauft worden[135] sein; als man nun ein Stück Weges damit gekommen war, konnte er nicht mehr weiter gebracht werden; dagegen wurde er mit Leichtigkeit, ja fast von selbst rückwärts in seine frühere Lage versetzt.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 135-136.
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