1105. Die verwunschene Kirche.

[145] Mündlich.


Es waren einmal zwei Bürger in Velden und einer in Eschenfelden, die hatten gehört, daß im Fichtelgebirg eine verwunschene Kirche sei voll[145] unermeßlicher Schätze. Einen Theil davon zu holen, machten sie sich mit einander auf den Weg, in der festen Hoffnung, kraft der überkommenen Zaubersprüche ihren Wunsch zu erreichen. Als sie an Ort und Stelle gelangt waren, öffnete sich auf ihr Zauberwort eine Felsengrotte. Sie schritten hindurch und kamen endlich an eine Thüre aus lauterem Gold. Wieder ein Zauberspruch, und die Thüre that sich auf, und nun standen sie in der Kirche, konnten aber ihren Augen kaum trauen ob des Glanzes und des Reichthums, der ringsum zu sehen war. Da näherte sich ihnen eine ungeheuerliche Gestalt, allem Aussehen nach Niemand anders als der Oberste der höllischen Heerschaaren, und fragte nach ihrem Begehren. Als sie es kund gethan, erwiederte jener: »Ihr sollt haben, was ihr wollt, wenn ihr mit eigenem Blut eure Namen in das Buch, das dort auf dem Altare liegt, einzeichnet.« Doch den Dreien war inzwischen vor Grauen der Muth gesunken; sie zagten und zitterten. Da gebot ihnen die Gestalt mit donnernder Stimme entweder zu gehorchen oder, falls ihnen ihr Leben lieb wäre, sich alsogleich zu entfernen. Sie hielten das letztere für gerathener.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 145-146.
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