1111. Schwanksagen von Berching, Hiltpoltstein, Heideck und Neumarkt.

[149] Mündlich.


Die Berchinger fingen einmal einen großen Hecht in ihrem Stadtgraben. Als sie ihn ans Land gebracht hatten, riß er immer das Maul auf und zu, und schnappte nach Wasser. Da vermeinten sie, er wolle singen und sperrten ihn in einen Vogelbauer, hingen ihn im Rathhaus auf und warteten auf den Gesang.

Am Thore von Hiltpoltstein stand ein Brunnen, dessen Trog überlief, wodurch der Weg am Thore für die Vorübergehenden im Winter sehr glatt und gefährlich ward. Da beschloß der hohe Rath, daß fortwährend einige Bürger abwechselnd mit großen Kübeln das Wasser aus dem Grante schöpfen und vors Thor hinaustragen sollten.

In Heideck fand man auf der Straße einmal ein großes Ochsenhorn. Man studirte sich ab, was dieß sein möge, und erkannte endlich, daß es eine Klaue vom Vogel Greif sei. Seitdem soll Heideck eine Greifenklaue im Wappen führen.

In Neumarkt in der Oberpfalz flogen vor etwa vierzig Jahren dunkle Wolken gerade während der Frohnleichnams-Procession über dem Kirchthurm weg, da rief einer: »der Thurm wackelt, der Thurm fällt ein,« und Alles, Fahnenträger, Geistliche, Beamte, Musikanten und Volk liefen in größter Angst durcheinander und davon. In jeder der genannten vier Städtlein kann man erwähnte Schwanksagen von den drei andern erzählen hören; wer aber in Berching nach dem Hecht, in Hiltpoltstein nach dem Brunnen, in Heideck nach der Greifenklaue, in Neumarkt nach dem Thurme fragt, dem kann mehr Schimpf und Grobheit zu Theil werden, als ihm lieb ist, wo er nicht gar eine tüchtige Tracht Prügel davonträgt.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 149.
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