1120. Schloß Wolfstein bei Neumarkt.

[154] Mündlich.


Man weiß nicht vor wie langer Zeit hatte ein Bauer in der Nähe von Neumarkt einen Traum, er solle in dem Drei-Mohrenwirthshause zu Neumarkt zu einer bestimmten Stunde sich einfinden, dort würde er einen Kameraden treffen und mit diesem solle er um Mitternacht nach dem alten Schlosse Wolfstein gehen, woselbst er einen Schatz finden würde. Dieser Traum wiederholte sich dreimal nacheinander und der Bauer machte sich endlich nach dem bezeichneten Wirthshause auf. Hier traf er einen Mann, der ihm erzählte, daß er dreimal denselben Traum gehabt habe. Sie beriethen sich, was zu thun sei und entschlossen sich, das Unternehmen zu wagen. Als sie um Mitternacht in der Ruine angekommen waren, erschien ihnen ein weißes Fräulein, klagte ihnen weinend, daß es verwünscht sei und bat, sie zu erlösen. Das Fräulein führte sie hierauf an den Eingang eines Kellergewölbes und bedeutete ihnen, in diesem Keller stehe eine eiserne Truhe, worauf eine Schlange liege. Diese Schlange habe einen Schlüssel im Munde, welchen sie ohne Furcht ihr entreißen sollten, und mit dem sie dann die Truhe eröffnen könnten, um den reichen In halt an Geld und Edelsteinen als ihr Eigenthum zu behalten. Hiemit sei das Werk der Erlösung erfüllt. Sie fanden wirklich die Truhe und darauf die Schlange, die sie mit feurigen Augen anblickte, aber sie standen lange und hatten nicht den Muth, ihr den Schlüssel aus dem Rachen zu reißen. Da wurde der eine der Bauern von Furcht ergriffen und meinte, er wolle lieber keinen Antheil an diesem Reichthum haben. Er machte sich eilig davon und sein Begleiter folgte. Die Kellerthüre verschwand hinter ihrem Rücken, das Fräulein aber hörten sie noch in weiter Ferne lautes Weinen und Schluchzen erheben. Inzwischen hat Niemand mehr die Kellerthüre gefunden, die eiserne Kiste aber soll den Brautschatz eines ehemaligen Burgfräuleins enthalten, welchen einst Raubritter auf ungerechte Weise erworben hatten, und die beiden Bauern sollen Nachkommen der ehemaligen rechtmäßigen Besitzer gewesen sein. Noch heut zu Tage wollen besonders kluge Leute in stürmischen Nächten aus dem alten Gemäuer das Heulen und Wehklagen des Burgfräuleins vernommen haben.

Eine andere Sage erzählt: Von der Ruine Wolfstein und dem Schlosse[155] zu Neumarkt, dem ehemaligen Sitz der Pfalzgrafen, jetzt Landgerichtsgebäude, geht ein unterirdischer Gang nach dem Schlosse Wolfstein. In einem Keller der Ruine liegt ein schwarzer Pudel auf einer eisernen Kiste, und daneben eine Eisenstange. Wenn man sich dem Pudel naht, speit er Feuer. Der Schlüssel zur Eisenkiste liegt im Schloßweiher bei Neumarkt. Wer den Schlüssel findet, dem wird es ein Leichtes sein, mit der Eisenstange den Pudel zu erschlagen und den Schatz zu heben. Der Eingang in den unterirdischen Gang von Neumarkt aus war im Schloßgraben links vom sogenannten Klosterthürl, woselbst man noch vor einigen Jahren hinter Haselnußstauden ein vermauertes Thor sehen konnte. Nicht selten sah man in diesen Haselnußstauden eine dunkle Gestalt sich bewegen. In diesem Gange sollen noch viele kostbare Kirchengeräthe vergraben sein, welche man aus Furcht vor den Schweden verbarg. Nordwestlich vom Schlosse an der sogenannten Kühbrücke, wo früher eine Vorstadt war, die von den Neumarktern bei Belagerung durch die Nürnberger abgebrannt wurde, soll ebenfalls ein Schatz liegen. Einmal hatten zwei Männer die eiserne Kiste schon gefunden und wollten sie eben emporheben, da wurde sie einem zu schwer und er rief dem andern zu: »Heb,« – da sank die Kiste in die unergründliche Tiefe. Auch im Schlosse selbst hört man zu heiligen Zeiten oft sonderbares Geräusch und in einen der vielen Keller, die unter dem Gebäude sind, soll man am Thomastage nie hinuntergehen können, ohne daß das Licht ausgeblasen wird.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 154-156.
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