1128. Die Kinderwürgerinnen.

[164] Mündlich.


In dem Dorfe Than Landgerichts Beilngries lebte ein Ehepaar, das keine Kinder aufbringen konnte. Einige Stunden, höchstens einige Wochen nach der Geburt wurden sie krank, am ganzen Körper blau und starben. Man sagte allgemein, sie würden jedesmal von den Hexen erwürgt. Einmal brachten die Beiden ein Kind bis zu einem halben Jahre, da wurde es plötzlich krank, verdrehte die Augen, den Kopf und die Glieder, wurde förmlich emporgehoben und erlitt die gräßlichsten Zuckungen. Sie liefen zum Pfarrer mit der Bitte, er möge ihnen wider diese Hexerei Beistand leisten. Der Pfarrer erklärte ihnen, daß das Kind an Krämpfen leide, und verwies sie an den Arzt. Da liefen sie zu einem andern Geistlichen, welcher kam und tröstete und betete. Zwei Weiber im Dorfe aber wollten zusehen, wie der Geistliche die Hexen austreibe, lauschten an der Thüre und schauten durch das Schlüsselloch. Da fuhr plötzlich die Thür auf und man sah die Weiber dort stehen.

Im Dorfe verbreitete sich nun allgemein die Sage, daß der Geistliche durch seine Beschwörungsformel die Weiber hercitirt habe, und daß sie die Hexen seien, welche die Kinder erwürgten.[164]

Das Gerede wurde noch ärger, als das Kind wirklich starb, und wenn im Dorfe Jemanden etwas Schlimmes begegnete, so wurde es diesen beiden Hexen zugeschoben.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 164-165.
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