1162. Mohren im Schlosse zu Mörnsheim.

[186] Mündlich.


In wild romantischer Gegend stand viele Jahre lang einsam und verlassen das Mörnsheimer Schloß. Eulen und Dohlen nisteten im alten Gemäuer, Dörner und Steinhaufen verwehrten Jedermann den Zutritt, pfeifend heulte der Wind durch die Hallen der Burg, und fürchterlich dröhnte es im Umkreise, wenn Gesimse brachen und in die Tiefe hinabrollten. Es trauerte die Natur, weil sie der Mensch verließ. In weitem Umkreise sang die Amme dem Kinde schon die Geschichte des verzauberten Mörnsheimer Schlosses vor. Sorgfältig warnte der Vater den Sohn, nie den Ort zu betreten, auf welchem der Fluch des Ewigen ruhte. In langen Winterabenden erzählte man sich beim dampfenden Kien die schon tausendmal gehörte Sage vom Schlosse. Die alten Besitzer des Schlosses waren Mohren und standen im Rufe der schwarzen Kunst. Sie riefen Verstorbene aus dem Reiche der Schatten hervor, und die Erde öffnete sich auf ihr Geheiß und gab die verborgenen Schätze hervor. Der Menschen Geheimnisse wußten sie, und wahrsagten künftige Dinge. Als der[186] letzte von ihnen starb, bemerkte man bald, daß seine Seele am Orte der Abbüßung und Läuterung gestraft wurde, es spukte im Schlosse und das Schloß wurde von Jedermann gemieden. Ein Reisender wagte es, den Ort des Schreckens zu betreten. Die Neugierde führte ihn in einen gewölbten Saal. Der Kühne öffnete die Pforte, und siehe, drei Mohren im Rittergewande sitzen am Tische mit Karten in den Händen. Noch einen Schritt weiter vorwärts und die schwarzen Ritter werfen die Karten weg und ziehen das Schwert. Da verläßt den Frevler der Muth, er kehrt zurück, blaß wie eine Leiche. Zitternd eilt er die Anhöhe hinunter, während die Dorfbewohner mit Ungeduld den Ausgang des frechen Unternehmens erwarten und die Erzählung mit Schauder vernehmen.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 186-187.
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