1183. Das Eichekäpele bei Mindelheim.

[202] Mündlich.


Im ebenen Feld, wo man von Mindelau nach Mindelheim geht, steht eine Kapelle, von mächtigen Lindenbäumen beschattet, die man gemeinhin das »Eichekäpele« heißt. In der grauen Vorzeit, wo noch viel Wald herum war, fuhr einmal ein Bauer, Holz zu fällen, da vorbei.[202] Plötzlich vernahm er aus einer alten, hohlen Eiche eine gar liebliche Musik, so daß selbst die Pferde unwillkührlich inne hielten. Er stieg ab, nahm seine Axt und hieb auf den Baum zu. Da fiel aus der gespaltenen Rinde ein Muttergottesbild zu Füßen des staunenden Fuhrmannes. Die fromme Kindlichkeit der damaligen Zeit erbaute bald an dieser Stelle eine hölzerne Kapelle und Viele wallfahrteten zur wunderthätigen Muttergottes im Eichenkäpele. Man erzählt sich auch, daß man im Laufe der Zeit habe eine steinerne Kapelle bauen wollen über dem Bilde; aber in der Nacht sei die Mauer, die man am Tage aufgerichtet, immer wieder eingestürzt. Darum ist das Kirchlein bis auf den heutigen Tag noch ein hölzernes geblieben.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 202-203.
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