1217. Sagenhaftes von dem uralten Dorfe Schöngeising.

[230] Mündlich.


Die alten Römer haben auf der großen Straße, welche sie von Salzburg nach Augsburg geführt, an der Ammer eine Station angelegt, welche sie Ad Ambras nannten. Dieser Ort war aber nicht bloß ein fester Platz, sondern auch eine Stadt, wovon noch heutzutag Spuren im Dorfe Schöngeising vorhanden. Man hat im Dorfe selbst und ganz in der Nähe desselben schon viele Grundmauern ausgegraben, auch bei Alterthumsforschungen, Aufführung von Gebäuden und Umrodung des Bodens schönes Pflaster gefunden. Noch steht zu Schöngeising eine Mauer, etwa zweihundert Schuh lang und acht Schuh hoch, die vormals zwei Bauernhöfe und ein Schloß umfangen. Letzteres ist erst vor sechsunddreißig Jahren abgebrochen und aus seinen Steinen der gegenwärtige Pfarrhof gebaut worden. Auch soll durch den Anger bei dem Dorfe eine fortlaufende Grundmauer ziehen, welcher man überall bei Aufgrabungen begegne.

Vor dem Platze, auf welchem die Kirche steht, soll ein römisches Bad gestanden sein, und durch zwei von der Ammer abfließende Kanäle das Wasser erhalten haben. In der Nähe der Kirche fand man früher alte Geschirre, Laternen, Glasstücke und dergleichen. Den Namen des Ortes leitet der Bauer von den Geisen her, welche die Römer in dieser Stadt gehalten hätten. Auch soll der Ort einmal den Namen Sonnendorf geführt haben. Dieß scheint eine Verwechslung mit dem Namen Sonderburg, welches ganz in der Nähe lag. Die Hunnen sollen Schöngeising verwüstet haben, obschon sie in der Nähe des Ortes eine bedeutende Niederlage erlitten hätten, namentlich im Geiseninger Forste, wo man es die »Brünste« heißt. Auf diesem Platze werden sehr viele kleine Hufeisen, angeblich von Maulthieren gefunden. Nachdem sich der Ort von der Verwüstung erholt hatte, und schönere Häuser als zuvor gebaut worden, hat man ihm den Namen Schöngeising gegeben.

Um das Dorf herum standen ehedem fünf Säulen, von denen nur mehr zwei übrig geblieben sind. Diese Säulen sollen gerade da stehen, wo die Thore der Stadt waren, die nur eine mittelmäßige Größe gehabt haben kann.[231]

Die ältern Bewohner von Schöngeising halten viel auf den wichtigen Ursprung ihres Dorfes, und erzählen mit einem gewissen Stolze ihren Kindern, daß Schöngeising eine Stadt der Römer gewesen sei, wie sie denn auch noch etliche Römermünzen als Belege vorzeigen können.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 230-232.
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