1246. Sage von einem Schloß bei Dorfen.

[248] Mündlich.


Ein Handwerksbursche zog des Weges daher seiner Heimat zu. Er war schon lang von Hause fort und freute sich recht von Herzen darauf, wieder den alten Kirchthurm seines Dorfes zu sehen und alle die alten Bekannten zu grüßen. Wie er nun die Straße so dahin schleicht, schon müd und ermattet von der Hitze des Tages, kommt er an ein Haus, das schon zu seiner Zeit von allen Bewohnern verlassen gewesen. Dennoch klopft er an und pocht an der Thür; vielleicht daß doch Jemand eingezogen wäre, der ihm zum Voraus eine Nachricht von seiner Heimat geben könnte. Richtig geht auch die Thür auf und ein altes Weib in landfremder Tracht setzt ihm ungeheißen einen Krug mit Wasser vor, kehrt aber eben so schnell wieder zurück und schlägt ihm die Thür vor der Nase zu. Wie er getrunken hat, pocht er abermals, weil er ja den Krug zurückgeben, auch sich bedanken will. Niemand öffnet ihm. Da sieht er von Weitem durch eine alte, verwilderte Allee einen Jäger auf sich zukommen. »Der wird wohl in's Haus gehören,« denkt er, »ich kann ihm den Krug übergeben.« Der Jäger ist keine zwanzig Schritt mehr entfernt, da nimmt unser Wandergesell wahr, daß er mitten im Sommer bei der größten Hitze Handschuhe von Fuchspelz trägt. Nun fängt er zu laufen an, was er kann, denn der Jäger ist kein anderer, als der Gott sei bei uns.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 248-249.
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