1281. Frevel am Freitag.

[276] Mündlich.


Am Fuße des mächtigen Osser im Bayerwalde wurde im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderte Bergbau betrieben, der sehr ergiebig gewesen sein soll. Einmal – es war gerade an einem Freitage – entdeckten Bergleute aus dem Dörfchen Silbersbach eine ungemein reiche Goldader. In der Freude über diesen Fund, warfen sie die Werkzeuge weg und eilten zu Tage, um aller Welt ihr Glück zu verkünden. Nicht zufrieden damit zogen sie unter dem Schalle der Musik in's Wirthshaus und zechten und tanzten die ganze Nacht hindurch. Aber was geschah! Als sie am Morgen die Arbeit beginnen wollten, fanden sie die Grube, in welcher die Ader[276] lag, von den Wildwassern ersäuft, die durch keine menschliche Anstrengung mehr bewältiget werden konnten. Also strafte der Himmel die frevelhafte Verunehrung des Leidenstages Christi.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 276-277.
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