1288. Legende vom heil. Wolfgang, Bischof zu Regensburg.

[283] Die vor. Schr. p. 472.


Als Kaiser Otto, dieses Namens der Zweite, erlittener Schmach wegen mit großem Heereszuge und gewaltiger Hand wider König Lothar in Frankreich gezogen und bis gen Paris streifet, ist er auf der Zurückkehr an einen Fluß gerathen, der so hoch gegangen, daß ihrer viel darin ertrunken. Wie nun der heilige Wolfgang neben dem Kaiser und den Seinigen auch zu demselben Fluß kommen, sind sie heftig erschrocken, insonderheit, weil auch der Feind, seines Vortheiles kundig, über das Gebirg auf sie los ginge. Also hat der heilige Wolfgang sein ganzes Vertrauen auf Gott gesetzet, sich nach dem Himmel gewendet, darauf den Kaiser und[283] die Seinigen gesegnet und Allen befohlen, ohne Schrecken und Verzug durch den Strom zu setzen. Dieweilen aber die Fürnehmsten des Heeres Solches zu thun sich geweigert, ist Wolfgang, dem Heerführer Moses gleich, als der erste im Namen des Herrn hindurchgezogen, worauf die andern Muth gewonnen, ihm nachzufolgen. Sind auch Alle ohne Gefahr und Schaden durch das Wasser kommen, darob sich das ganze Kriegsheer höchlich verwundert, die Heiligkeit Wolfgangs erkennet und Gott dafür von Herzen gedankt hat.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 283-284.
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